Ein netter Gegner, wie wir dachten, also ab ins Auto und den sonnigen Mittwochnachmittag auf einem Dörfchen nahe Segeberg ausklingen lassen. Wieder einmal zeigte sich der Nutzen eines Navi und wieder einmal zeigte sich, dass wir uns trotzdem ohne neueste Technik durchschlagen können. Diesmal ohne Fragen, sondern nach Gefühl gefahren und trotzdem irgendwie noch rechtzeitig angekommen.
Und überhaupt… bei der Ankunft kam die große Überraschung, denn der ganze Ort war vollgeparkt und etliche Lübeck-Fans schlenderten schon in Richtung Sportplatz. Okay, wir würden also kein kostenloses, zuschauerarmes Spielchen zu sehen bekommen, es fühlte sich ein klein wenig wichtig an. An der Kasse durften wir auch gleich mal fünf Euro blechen, Lübeck ist ja immerhin ne ganz große Nummer – oder auch nicht! Wie sich später rausstellte, gingen die Einnahmen noch nicht einmal in aller Gänze an den austragenden Dorfclub, sondern Lübeck forderte seinen Teil natürlich zur Hälfte ein. Das nennt man Sportsubventionen, glaub ich…
Das Spiel ging dann auch ziemlich schnell los, wobei sich der ein oder andere Besucher noch einige Zeit fragte, warum Erman neben dem Spielfeld ständig kleine Vierecke trabte. Sehr merkwürdig sah das aus! ;-) Wie auch gegen Kiel sollten unsere Neuzugänge aus Ohe in der Abwehr beginnen, zusammen mit Eybächer und Asante. Kaba meldete allerdings nach wenigen Sekunden Probleme an und musste runter vom Platz. Wieder Sekunden später selbiges bei Meyer, der allerdings erstmal weitermachen musste. Wieder wirkten die ersten Minuten hektisch und unkoordiniert, anders als im Kiel-Spiel legte sich die Aufregung hingegen schneller und blieb ohne weitere Konsequenzen. Ganz im Gegenteil, Victoria spielte absolut überlegen und kam mit ein paar schön raus gespielten Angriffen mehrfach vor das Lübecker Tor.
Hervorheben möchte ich übrigens Michael Meyer, der mir einfach super gefallen hat. Leider fehlte Westbrock im Abschluss die nötige Konsequenz, zumindest zwei Hundertprozentige hätten sitzen müssen. Von Lübeck war wirklich gar nichts außer Grottenfußball zu sehen, die umstehenden Zuschauer pöbelten munter vor sich hin. Besonders gern gegen unseren Trainer. Die folgenden direkten Schlagabtausche mit Bert Ehm waren göttlich. Besonders lustig, wenn die Herren neben uns mit ihrem eigenen Fachwissen brillierten – immerhin kannten sie zwei von Lübecks Spielern und unser Trainer hat ja mal gar keine Ahnung… Einfach herrlich, wie geladen die Fans aus Lübeck doch waren. Im Übrigen hat sich auch das Bild gestärkt, dass innerhalb der Regionalliga Nord schon ein enormer Klassenunterschied zwischen den wenigen Spitzenteams und dem ganzen Rest besteht.
Mit Ende der ersten Hälfte war der Traum dann vorbei, unsere Jungs mit dem Kopf schon in der Kabine, brauchten die Lübecker einen einzigen Angriff, der per Kopf zum 1:0 saß. Schade. In der zweiten Hälfte wurde Lübeck stärker, vor allem zeigte sich, dass unsere Spieler einfach müde wurden und weniger entschlossen agierten. Oftmals waren sie jetzt zu langsam oder überhastet und unkontrolliert. Die Konzentration war einfach weg und per Distanzschuss nutze Lübeck seine zweite Chance direkt zum 2:0. In der zweiten Hälfte kamen schließlich noch Pohl, Brameier und Zdravkovic, Ucan und Erman – Möbius, Vierig, Stilz, Meyer und Westbrock gingen vom Platz. Nach einiger Zeit folgten auch Bajramovic und Eybächer, für die es aber keinen Ersatz mehr gab. So spielten wir zunächst mit nur zehn Mann und später sogar mit lediglich neun Leuten. Lübeck hatte inzwischen wegen wiederholten Foulspiels auch schon einen Spieler verfrüht zum Duschen geschickt.
Was festzuhalten bleibt, Victoria war spielerisch auf jeden Fall besser, (anfangs) laufstärker und mit mehr Spielwitz. Lediglich im Strafraum passiert zu wenig, der Sturm ist quasi nicht wirklich vorhanden. Allesamt waren für meinen Geschmack viel zu umständlich und nicht mit genügend Zug zum Tor. Auch der Spielaufbau ist teilweise zu schleppend, das könnte noch sehr viel schneller gehen, ist aber sicherlich auch eine Frage von Fitness und Abstimmung.
Auffallend war, dass die Lübecker zwar nicht spielerisch, aber körperlich mehr zu zusetzen hatten. Dabei meine ich gar nicht mal nur, dass sie hinten raus mehr Kraft hatten, denn selbst in Überzahl brachten sie kaum fertige Spielzüge vor unser Tor, sondern dass sie in den Zweikämpfen viel präsenter waren. Schon zu Beginn gingen die Regionalligisten viel härter zur Sache. Ein Foul nach dem anderen, Bert Ehm platzte fast der Hut. Sehr zum Ärger der Zuschauer brüllte er mehrfach, dass unsere Spieler endlich mal gegen halten sollen – für das Lübeker Publikum war das natürlich unfassbar.
Wir konnten an sich zufrieden nach Hause gehen und hoffen, dass im Sturm etwas geschieht. In Sachen Tor wurde uns schon zugetragen, dass es vermutlich einen weiteren Zugang für den Platz zwischen den Pfosten geben würde. Das Risiko, nur mit Dennis in die neue Saison gehen zu müssen (Felix Sager verletzt und Florian Ludewig bis September wohl abgemeldet) schien zu groß – vor allem sollte Dennis aufhören, den Bruder Leichtfuß zu mimen, wäre heute fast zweimal ins Auge gegangen. Auch und bitte den Sturm nicht vergessen, sonst droht ein Vorjahres-Deja-Vu…
Übrigens räumten nicht nur enttäuschte Lübecker Zuschauer, sondern auch Tagespresse und Gegner ein, dass kein Klassenunterschied zu Victoria spürbar war. Sehen wir recht erfreut genauso…!