Mittwoch, 2. Oktober 2019

Lotto-Pokal, 4. Runde: SC Victoria Hamburg – Altona 93 6:7 n.E. (3:3)


Stadion Hoheluft, 1.247 Zuschauer

Was wurde im Vorfeld nicht alles über das Derby gesprochen – sowohl in positiver als auch negativer Hinsicht. Wir haben mit Kritik an den überteuerten Eintrittspreisen nicht hinterm Berg gehalten, ebenso wenig mit unserem Unbehagen angesichts des Titels als „Deutschlands derbstem Derby“, den sich scheinbar eine nicht so findige Werbeagentur ausgedacht hatte. „Ältestes Stadtderby Deutschlands“ reicht da wohl offenbar nicht mehr aus.
Sei‘s drum. Nun ist das Spiel also gelaufen und – was soll man sagen: Für solche Spiele geht man ins Stadion! Der einzige, der an diesem Abend so überhaupt keinen Bock hatte, war der Wettergott, der seinem Unmut durch teilweise sturzbachartigen Regen Ausdruck verlieh. Nass bis auf die Haut ging es zumindest für den Teil des Publikums nach dem Spiel nach Hause, der sich nicht auf die Tribüne verzogen hatte. Auf die Kosten dürften jedoch alle Zuschauer*innen gekommen sein, egal wo sie standen oder saßen.
Die beiden Kurven waren jedenfalls bestens aufgelegt. Bei uns im C-Block gab es dieses Mal eine Choreo, die unter Federführung der Radicalz entstanden ist. Noch mal zum Mitschreiben für alle: Die Radicalz sind neben Nordkaos eine der Gruppen der Fanszene Victoria. Schon seit ein paar Jahren mittlerweile – auch wenn das offenbar noch immer nicht bei allen angekommen ist! Das könnte natürlich daran liegen, dass die Radicalz nicht ganz so medienpräsent sind – keine Homepage, kein Flyer, usw. Aber wer einen genaueren Blick auf die Zaunfahnen bei uns wirft, sollte eigentlich auch die Fahnen der Radicalz kennen. Auch die Spruchbänder unterscheiden sich von denen von Nordkaos im Stil.
Anyway, zu sehen gab es zunächst Spruchbänder mit dem Motto des Abends „Hier gewinnt nur eine – Victoria und sonst keine!“, gefolgt von einer kleinen Blockfahne kombiniert mit Luftschlangen und ein wenig blau-gelbem rauch. Keine Ahnung, wo der nun plötzlich herkam.
Unterdessen präsentierte sich die Fanszene von Altona auf der Gegengeraden mit einem großen Altona 93-Banner sowie vier Fackeln. War auch ganz nett anzusehen. Angesichts der bekannten Rivalität der beiden Fanszenen blieben die Tore zwischen den Blcken heute geschlossen, auch wenn die ein oder andere Altonase zum Bier holen den Weg durch das Tor fand. Die zustände am Bierausschank im Gästeblock sollen wie immer katastrophal gewesen sein, wurde da berichtet. Im Osten nichts neues also…
Fußball gespielt wurde an diesem Abend übrigens auch. Und das nicht zu knapp. Zunächst tasteten sich beide Teams ab, wobei der Regionalligist aus Altona zwar mehr Ballbesitz hatte, die Victorianer aber bereits die gefährlicheren Chancen. Und so war der Jubel riesengroß, als Dennis Bergmann nach 35. Minuten aus 22 Metern den Führungstreffer für die Gastgeber erzielen konnte. Fast bis zur Pause hofften alle Vicky-Fans, dass man mit diesem knappen Vorsprung ins Trockene flüchten konnte, aber drei Minuten vor dem Pausenpfiff gelang Altona doch noch der 1:1-Ausgleich.
In der zweiten Hälfte ging es munter weiter – und erneut ging Vicky in Führung, dieses Mal in Person von Ian-Prescott Claus (67.). Aber wieder hielt der Vorsprung nicht lang, denn in der 71. minute gelang Altona erneut der Ausgleich. Auf jeden Fall nicht schlecht, zwei Mal gegen den klassenhöheren Gegner in Führung zu gehen. Wobei man sagen muss, dass es kaum zu merken war, dass beide Teams aus unterschiedlichen Ligen stammten. Es war ein Niveau auf Augenhöhe.
In der 86. Minute hielten dann alle Victorianer entsetzt den Atem an, denn nun gelang Altona tatsächlich der 3:2-Führungstreffer. Es hatte sich ein wenig angekündigt. Aber noch war die Rechnung nicht ohne Wirt Dennis Bergmann gemacht, der zwei Minuten vor Abpfiff noch einmal nachlegte und das 3:3 markierte. Also hieß es Verlängerung. Und die war wahrlich nichts für schwache Nerven. Beide Teams schenkten sich nicht, sodass die Entscheidung vom Punkte fallen musste.
Vicky begann mit dem Schuss auf unsere Kurve – und Felix Schuhmann machte einen auf Roberto Baggio und jagte den Ball in den Hamburger Nachthimmel. Im Anschluss trafen alle Schützen, bis sich erneut Dennis Bergmann in Szene setzte: Dieses Mal allerdings leider dadurch, dass er einen ganz kläglichen Elfmeter schoss, den Tobi „Goofy“ Grubba im Altonaer Tor halten konnte.
So ein Pech, damit ist der SCV zwar in einer denkwürdigen Partie, aber dennoch unwiderbringlich aus dem Pokal ausgeschieden. Was bliebt also für die Saison als Ziel übrig? Meister werden? Schwierig mit dem kickenden Geldtöpfen aus Dassendorf in einer Liga. Zweiter werden? Hmm ja, um die goldene Ananas spielen wäre ja mal was Neues. Ach nee, doch nicht. Aufsteigen wollen wir nicht, denn wozu auch? Die Regionalliga in ihrer jetzigen Form ist eine wahre Geldverbrennungsanlage. Also bleibt wohl nur, den Zuschauern auch weiterhin so geilen Fußball zu zeigen wie an diesem Mittwochabend! Auf geht‘s, Männer! Und wenn es nächstes Mal nur gegen 150 Zuschauer geht – wir sind dabei.