Zehn gut motivierte Kaoten machten sich an diesem trüben Sonntagnachmittag hinaus auf das Land hinter der Stadt. Mit im Gepäck eine gruselige Bilanz von zwei Niederlagen in Folge und einem durchwachsenen Nachholspielsieg gegen die derzeit schlechteste Truppe der Liga. Keiner ahnte, wo wir diese Saison wirklich stehen, bei den Niederlagen war viel Pech dabei, bei den Siegen zugegeben viel Glück. Nur eines war allen Streitern für Blau und Gelb wohl seit dem Ausscheiden von Mauri im Eröffnungsspiel gegen Paloma ganz klar: Wir haben ein massives Sturmproblem. Ein langfristiges dazu.
Klar, das ist extremstes Pech, wer verliert schon zeitgleich seine gesamte Offensive – an bittere Langzeitverletzungen, Brüche und Kreuzbandrisse. Drei Stürmer mit gerissenem Kreuzband! Allein das muss sich jeder mal einen Moment auf der Zunge zergehen lassen, von dem Fußbruch D’Ursos mal ganz abgesehen… ABER alles Jammern hilft jetzt nichts. Die Saison läuft und wir müssen nicht nur irgendwie durch die Spielzeit, nein, wir müssen auch noch aufsteigen! Dass diese Aufgabe uns einiges abverlangen würde, war ja klar und doch, haben wir trotz namhaften Ausfällen denn jetzt nicht mehr den Anspruch gegen einen Aufsteiger zu punkten?
Vieles ähnelt bisher der desaströsen Vorsaison: Feldüberlegen, aber nicht entschlossen und mutig genug, soll der Ball ins Tor getragen werden. Die Mannschaft kann dem störenden Gegner nur wenig Einfallsreiches entgegensetzen und legt ein müdes und verunsichertes Zweikampfverhalten an den Tag. Der Gegner darf gewähren, wie er will, ein Herr Algan erhält gar einen Freifahrtschein, während unsere Ballkünstler jeden möglichen Raumgewinn kläglich versieben, weil sie den Ball noch nicht einmal unter Kontrolle bekommen. Störe Victoria bei der Ballannahme und nix geht mehr, lediglich ein Bruchteil unseres Kaders scheint in der Lage, auch auf kleinem Raum und bedrängt präzise genug und vor allem ruhig genug zu agieren. Und doch, wir spielen am laufenden Band immer die gleiche Nummer.
Wenn wir dann erstmal hinten liegen und die Jungs aufhören, diesen leidigen Standfußball der Einfallslosen zu zelebrieren, kommen wir zwar über die Außen immer wieder in Strafraumnähe, doch jede Hereingabe ist dann verloren. Wir haben heute sage und schreibe jeden verdammten Eckball direkt auf den Kopf des Gegners gesetzt und jedes verdammte Mal ist ein Konter für HR dabei herausgekommen. Kopfbälle? Bei Victoria ein Fremdwort. Auch Freistöße sind mit dem Abgang von Rahn keine Gefahr mehr für den Gegner. Oh Mann…
HR also: Gerade gegen Bergedorf und Altona haben wir als die eigentlich bessere Truppe auf dem Feld verloren. Was wir vor dem Tor liegen lassen, rächt der Gegner eben. So fuhr also keiner wirklich siegessicher zum Aufsteiger aus HR, dabei hatten wir all die Jahre zuvor eine durchweg positive Bilanz gegen die Baumschüler. Bisher schenkte man uns in der Vorstadt immer großzügige Kantersiege, doch dieses Jahr sollte die Truppe um Berkan Algan zum Stoplerstein für Victoria werden:
Positiv denkend begannen wir Kaoten also unseren üblichen Singsang. Genau zwei Minuten und plötzlich pfiff der unparteiische Parteiische einen ominösen Elfmeter. Die ganze Aktion direkt vor unseren Augen. Nix los da, aber hast du erstmal Scheiße am Fuß…
Also Elfmeter für HR. Dennis’ beste Zeiten sind vorbei, zumindest als Elfmeterkiller und so lag der Gastgeber direkt in Front. Horrorsituation, denn wir kennen das Problem ja schon, wir schießen keine Tore mehr. Und genauso ist es auch gekommen. Nein, es ist sogar noch schlimmer gekommen. HR spielte auf und unsere Truppe war an Unsicherheit kaum noch zu überbieten. Fehlpässe, Fehlpässe, Fehlpässe, Stoppfehler, Abstimmungsfehler, Standfußball. Nichts ging mehr, gar nichts.
Wir haben noch eine Weile versucht, weiterhin gute Miene zum bösen Spiel zu machen, aber irgendwann haben auch wir Kaoten schlicht einen Punkt erreicht, an dem die Leistung der Mannschaft einfach keinerlei Support mehr verdient! Bisher haben wir uns ja immer davon distanziert, das Team, nur weil es verliert, nicht weiter zu unterstützen – heute jedoch erlebten wir Arbeitsverweigerung auf Kreisliganiveau. Nein, das ist gemein, unsere Zweite spielt in der Kreisliga wesentlich engagierter und ansehnlicher.
Der Referee war auch eine Katastrophe, wobei es sicherlich nicht an ihm allein lag, denn von einem Aufbäumen konnte in Halbzeit eins wirklich nicht gesprochen werden. Halbzeit zwei dann ein Mikro-Mü besser, aber immer noch einfallslos, durchschaubar, ängstlich.
Hitzig wurde es schließlich, als der Schiedsrichter einfach mal nach Gutdünken den roten Karton gegen Jan Vierig zückte. Kaum zwei Meter von unserem Standort entfernt, konnte ein Baumschüler nicht anders und präsentierte uns eine bemerkendswerte Darbietung des berühmten sterbenden Schwans. Der Schiri, der noch mindestens 10 m hinter Jan Vierig rumstand, hörte den dramatischen Aufschrei des schwer Verwundeten und reagierte sofort sehr straight dafür, dass er ganz offensichtlich mal rein gar nix gesehen hatte. Rot Vierig. Lächerlich. Der im Sterben liegende Halstenbeker berappelte sich übrigens recht schnell, zufrieden ob seiner Vorstellung.
Da das Spiel ja eh nicht mehr zu unterbieten war, begannen nun zumindest ein paar Mann eine Schippe draufzulegen und endlich gab es mal eine winzige Druckphase für Blau-Gelb. Wie immer ohne Zählbares, aber immerhin gab es mal spielerische Ansätze, die ahnen lassen, dass ein paar Mann mit dem V auf der Brust auch Fußballspielen können. Die linke Seite zeigte sich engagiertet und enterte sogar mal den Strafraum. Wow.
Am Ende gab es dann noch ein Frustfoul, samt roter Karte gegen Schulz, wobei ich auch hier wieder äußerst entzückt den doppelten FlickFlack des HR-Spielers erwähnen muss und den wohl zu erwartenden Kontertreffer der Gastgeber. Alles wie immer also.
Immerhin kam die Mannschaft nach Abpfiff und bedankte sich, bzw. stellte sich unserem Frust. Besonders Roger gilt es hoch anzurechnen, dass er mit uns offensiv das Gespräch gesucht hat. Auch wenn wir alle derzeit keine Antworten haben, wir wissen das trotzdem sehr zu schätzen…
Und übrigens, Bilder gibt es keine. So ein Schrott wird nicht festgehalten!