Goslar, der Spielbericht. Scheiß auf
Klassenerhalt. Feiern wir uns einfach selbst. Freidrehen, einfach
weil wir da sind. Scheiß auf all die Erfolgsfans, auch zu zehnt ans
Limit gehen und die Mannschaft nach vorne peitschen, die seit Wochen
läuft und kämpft und sich aufopfert für eine marginale Chance.
Eine marginale Chance, die selbst nach der letzten Niederlage in
Cloppenburg noch besteht. Wir wollten uns unsere Supportleistung
nicht länger vom Frust diktieren lassen und kündigten Ekstase um
der Ekstase Willen an. Oder weniger sinnfrei ausgedrückt: Genießen
wir die letzten Wochen RL, bevor wieder Condor um 10:45 Uhr ansteht.
Ich nehme eines gleich vorweg: Unser
kühner Plan ließ sich nicht so ganz verwirklichen. Es gab müden
Support, der nur gelegentlich etwas lauter wurde. Warum?
Wahrscheinlich, weil wir jegliche Emotionen abgelegt hatten. Aus
Selbstschutz.
Hat auch irgendwie geklappt, um das
Gegurke auf dem Feld halbwegs erträglich zu gestalten – ich blieb
immerhin völlig immun gegenüber Fehlpässen, katastrophalen
Standards und Gegentoren, doch leider auch gegenüber jeglichem Spaß
am obligatorischen Singsang. Der typische 1:0-Rückstand, nach dem
einmal mehr Flächenbrand im eigenen Strafraum herrschte und aus dem
gewohnten Gestochere das unverdiente 0:1 resultierte, tangierte mich
ebenfalls nur noch peripher. Alles egal eben, ich wähnte Vicky schon
längst in Liga 5.
Nervig in diesem Moment nur der kleine
Gästemob, der es immerhin mit nur vier Leuten auf die Reihe brachte,
lautstarken Support hinzulegen. Da kamen die ersten Magenschmerzen
auf. So ist das auch alles nix, Frust, nur anders eben.
Als ich mich irgendwann fragte, warum
selbst unsere Nicht-Offensive nicht einfach mal auf das Tor der
wirklich schwachen Goslarer schießt, erriet Roger offenbar meine
Gedanken und stupste den Ball einfach mal in Richtung Kasten. In der
Geschmeidigkeit, aber auch Geschwindigkeit einer von Horst Kracht
gerollen Boulekugel kullerte das Leder schließlich zum Ausgleich ins
Goslarer Tor. Nicht schlecht. Jubel ging noch immer nicht. Ich lass
mich nämlich nicht mehr in die Irre führen. Ich bin auf Oberliga
eingestellt, ich hab keine Lust mehr auf Enttäuschung!
Zur Halbzeitpause spuckten die ersten
Kaoten Blut. Unschön, aber Ultras muss an die Substanz gehen. Die
Gäste präsentierten zum Wiederanpfiff übrigens eine gelungene „Wir
haben euren Ring gestohlen“-Choreo in Anspielung auf unseren in
Goslar erfundenen Gassenhauer „Für Victoria fahr'n wir nach
Mordor, für Victoria hol'n wir den Ring“. Echte Ultras können in
solch einem Moment übrigens nicht anders, als den großen Riot
ausbrechen lassen und die Kaoten stürmten Block B. Es flogen Tische,
so heißt es und der Ring der Macht wurde selbstverständlich von
Victoria zurückerobert und am Zaun präsentiert. Oder in kurz:
Gesang immer noch Mist, Spaßfaktor aber endlich gegeben.
Und siehe da, auch auf dem Spielfeld.
Obwohl Sachs und Grubba verletzungsbedingt passen mussten, Hoose für
Hannover-Bezwinger Schulz den grünen Rasen angeschlagen räumen und
Seguro Platz für Über-Stürmer Bambur machen musste, gelang das
schier Unmögliche:
Azong alleine vor dem Tor, Azong
schießt, Azong trifft wie gewöhnlich den Keeper. Der Ball prallt am
Keeper ab, der Ball rollt Bambur vor die Füße, Bambur alleine vor
dem Keeper, Bambur schießt, Bambur trifft wie gewöhnlich den
Keeper. Der Ball prallt am Keeper ab, der Ball rollt Azong vor die
Füße, Azong schießt und weil alles dieses Mal so verdammt schnell
geht, hat er keine Zeit zum Zielen. Der Ball landet im Tor.
Ja, liebe Leser, Sie hören richtig.
Conrad Azong erzielt ein Tor. Ungläubiger Jubel. Noch immer keine
frenetischen Gesänge, aber Jubel.
Doch die ganze Nummer war noch nicht
vorbei. Victoria nun mit einer bestechenden zweiten Hälfte. Goslar
auf dem spielerischen Niveau von sagen wir mal... Niendorf. Azong
steht bald wieder im gegnerischen Strafraum, dieses Mal ist der
Winkel etwas tricky. Er hat aufgehört nachzudenken und trifft.
Schöne Sache! 3:1 für die Guten. Goslar pöbelt. Sorry Leute, es
gibt coole Leute und es gibt euch... ;-) Ohne Ring macht ihr nicht
mehr viel her!
Kommen wir zum nächsten Highlight.
Brüning versucht mal etwas ganz Neues. Ein Schuss aus der Distanz.
Treffer. 4:1. Und das gerechtfertigt. Jubel. Keine argentinischen
Gesänge aber allgemeine Glückseligkeit, die selbstverständlich bis
zum Abpfiff anhielt. Ach ja genau, Goslar klaute mit Hilfe der
Ablenkung von Tor 3 und 4 den Ring zurück und übergab ihn nach
Abpfiff dem Feuer des Schickalberges. Eine recht feige Aktion der
vier Hobbits vom GSC, wie wir, die Heerscharen des dunklen Herrschers
behaupten. Ansonsten?
Mich erreicht gerade die
unwahrscheinliche Kunde, dass Buchholz in einem Spiel zehn Tore
geschossen haben soll? Das ist nicht mehr meine Oberliga. Lass mal
doch Regio machen!