Wolfgang-Meyer-Sportanlage, 175 Zuschauer
Victoria ist im Moment eine Zumutung.
Das muss man einfach mal so klar und deutlich sagen. Und dennoch fand
sich an diesem letzten Sonntag im Oktober ein respektabler Mob an der
Hoheluft ein, um den kleinen Derbymarsch zum kleinen HSV
anzutreten. Auch so ein Kellerkind, auch so ein Gegner, den man
einfach schlagen muss, um irgendwie die Klasse zu halten. Aber nun
ja, wenn das mal so einfach wäre...
Wir Kaoten machten uns mehr oder
weniger zuversichtlich mit der roten Laterne in den Händen auf zur
neuen alten Heimat der Rauten, der unattraktiven
Wolfgang-Meyer-Sportanlage. Dort erwarteten uns wenig überraschend
sinnlose Schikanen, die sich der nette Herr Großhauser
(Sicherheitscheffe und Obermuffel des HSV) für die Fans des SC
Victoria ausgedacht hatte. Nachdem ja letztes Jahr das Hängen der
Zaunfahnen erlaubt, der Akt des Aufhängens aber verboten wurde,
musste dieses Mal nicht nur die rote Laterne vor den Toren bleiben,
sondern auch unsere Trommel wurde zum Wohle der Anwohner untersagt.
Nun ja, das wäre ja fast glaubwürdig, würde es an der
Wolfgang-Meyer-Sportanlage nur irgendwo Anwohner geben.
Dazu paart sich die sinnbefreite Idee,
die Toiletten außerhalb der Anlage aufzustellen, sodass jeder für
sein privates Geschäftchen die Sicherheitszone verlassen musste, um
bei der Rückkehr gleich noch einmal aufs Penibelste kontrolliert zu
werden. Die Staatsmacht drängte sich dann auch neunzig Minuten
angespannt an das kleine Fensterchen im Überwachungscontainer und
wartete darauf, dass die ca. 20 Victoria-Supporter im winzigen
Hochsicherheits-Stehbereich irgendetwas furchtbar Böses tun.
Böses tat aber nur die Mannschaft,
denn nach den letzten beiden frühen Rückständen übertraf sich
unsere Zaubertruppe an diesem Tage wieder einmal selbst und nach sage
und schreibe 30 Sekunden zappelte der Ball im Victoria-Netz. 30
Sekunden lautstarker Support nahmen ein jähes Ende. Entsetzen
folgte. Dabei auch die in der Presse viel zitierten Schmähgesänge:
„Ihr macht euch lächerlich.“ Fakt, diese Truppe befindet sich im
freien Fall und hat nicht annähernd genügend Charakter, sich selbst
daraus zu befreien. Erbärmlich.
Einzig positiv, dass im
Stehplatzbereich fast keiner mit dem HSV gejubelt hat, sondern der
Großteil Vicky die Daumen drückte. Jetzt müsst ihr nur noch mehr
Farbe zeigen, Leute!
Der Support unseres Haufens nach der
nächsten extrem frühen Führung natürlich Magerkost. Schon wieder
ging nicht viel, schon wieder übermannte uns die tiefe Enttäuschung.
Die meisten waren weit entfernt von den 100 Prozent. Aber wer hat in
solchen Wochen noch Lust, so weiter zu machen, als wäre alles
supidupi?
Die Mannschaft übernahm ganz
allmählich immer mehr Spielanteile und konnte tatsächlich die ein
oder andere gute Chance rausholen. Schade nur, dass nicht nur unsere
Abwehr ein einziger Trümmerhaufen ist, sondern auch unsere Offensive
– Vicky Marke peinlich.
Zur Halbzeitpause hegten die ganz
Optimistischen noch etwas Hoffnung, immerhin war der Gegner wirklich
schlecht und Vicky kam langsam im Spiel, aber die Realisten unter uns
kannten dieses Szenario ja schon längst. Schlafmützigkeit zu Beginn
von Halbzeit Zwei und der harmlose HSV durfte noch einmal ganz
ungeniert einnetzen. Ex-Vicky-Talent Nils Brüning erstickte alle
Hoffnungen im Keim. 2:0. Klappe zu, Vicky tot. Respekt, dass unser
Sommerabgang auf jeglichen Jubel verzichtete. Wissen wir zu schätzen.
Der Support jetzt nur noch sporadisch
und dann überwiegend von der Kategorie „sinnlos“. Der Rest
verlegte sich aufs Pöbeln. Victoria-Fan sein macht derzeit einfach
keinen Spaß mehr. Auch wenn unsere Trümmertruppe noch etwas weiter
über den Rasen rumpeln und noch ein paar 1000-prozentige Torchancen
verstolpern durfte, es war letztlich der HSV, der mit dem verdienten
3:0 den Schlusspunkt setzte. Verdient, weil so ein erbärmlicher
Haufen einfach bestraft werden muss. In dieser Verfassung wären wir
nicht einmal landesligareif. Nein, keine Übertreibung. Es ist genau
so schlimm, wie wir es schildern.
Frustriert empfingen wir nach dem
erlösenden Schlusspfiff unsere Mannschaft. Die Jungs waren
niedergeschlagen, teils den Tränen nah und furchtbar ratlos. Das ist
der SC Victoria Ende 2013.
Der enttäuschte Mob machte sich
bedient zurück zur Kunstrasenanlage auf, um noch die letzten Minuten
der Bezirksligapartie Victoria Zwei gegen Wellingsbüttel zu erleben.
Laut singend marschierten wir hinter der Halle auf und konnten
unseren Edelamateuren noch eine kleine Freude bereiten. Die Jungs
lagen bereits 5:0 in Front und wurden die restliche Spielzeit
lautstark angefeuert. Auch wenn es ihnen nicht mehr gelang, uns noch
ein kleines Törchen zu schenken, hatten wir doch einen versöhnlichen
Abschluss mit der Mannschaft, die seit unserer Regionalligazeit viel
zu sträflich ignoriert wurde. Was aber soll man machen, wenn wir
fast nur noch parallel spielen?