“Raus nach Sasel”, das wäre ein treffendes Motto für das Auswärtsspiel in Sasel gewesen. Der etwas noblere Stadtteil liegt doch ein bisschen weit ab vom Schuss. Dafür finde ich den Grand-Ground umso besser. Mit den ÖPNV-Freaks, dem Auto-Mob und der Suffsektion aus Schleswig-Holstein kam man auf neun Leute, für ein Auswärtsspiel eine “Geht durch”-Anzahl.
Schon vor Spielbeginn wurden wir darauf hingewiesen, dass das Trommeln hier im beschaulichen Sasel nicht erwünscht sei. Die Anwohner beschweren sich immer wieder und wir haben Ärger mit dem Bezirksamt… Ohhhh, ihr Armen! Es ist Samstag, 14 Uhr, wer braucht da Ruhe? Naja, nicht unser Bier, die Trommel lassen wir uns jedenfalls nicht nehmen.
Das Spiel begann für uns recht “supi”, nach fünf Minuten schoss Benny Hoose die frühe Führung. Sasel wirkte etwas defensiv und Victoria machte das Spiel. Eigentlich hätte man vor der Halbzeit, also zum psychologisch günstigsten Zeitpunkt, noch ein Ding machen müssen, doch daraus wurde nichts. Sasel wusste, das Tor zu verteidigen. Während der ersten Halbzeit folgte eine weitere Aufforderung, das Trommeln einzustellen, doch auch davon ließen wir uns nicht beirren. Uns wurde dann allerdings mit Platzverbot und der Polizei gedroht… Okay. Aber auch hier zeigte sich, dass das größtenteils haltlose Drohungen sind.
In der zweiten Halbzeit machte Victoria Druck, mehr ging aber auch nicht. Wie man es schon kannte, folgte der unverdiente Ausgleich für Sasel. Freistoß aus geschätzt 20-25 Metern, der Ball fliegt, bzw. besser gesagt rollt, an der Mauer und leider auch an Dennis Wolf vorbei. Alle Beteiligten sahen dabei nicht wirklich glücklich aus. Anders als sonst, wirkte die Mannschaft überhaupt nicht geschockt und ging vier Minuten später durch Sergej Schulz, nach Zuspiel von Dennis Theissen, mit 2:1 in Führung. Nochmalige fünf Minuten später, wir sind unterdessen in der 73. Minute, erhöhte Dennis Theissen auf 3:1. Benny Hoose, Vorlagengeber zum 3:1, setzte auf seine gute Leistung noch einen drauf und zwirbelte in der 85. Minute einen direkten Freistoß in bester Stephan-Rahn-Manier (Ehret die Ahnen!) ins Saseler Netz. Der Anschlusstreffer zum 4:2 war uns allen dann egal, anbrennen konnte nach dieser Leistung nichts mehr.
In der zweiten Halbzeit folgte übrigens noch die dritte Ansage bezüglich der Trommel, dieses Mal vom Trainer höchstpersönlich. Doch seine Argumente („Wenn ihr so weiter macht, dann lassen die euch beim nächsten Mal nicht rein“) wurden gekonnt entkräftet. Die Stimmung war heute ganz gut, wir haben schon mit viel mehr Leuten viel schlechter ausgesehen. Alles in allem ein guter Tag und so machten sich alle froh auf den Weg nach Itzehoe, wo es nach einem weiteren sportlichen Highlight noch ein Konzert geben sollte.
So machten sich nach Abpfiff in Sasel zwei Autoladungen (eine mit Umweg Hoheluft) auf nach Itzehoe. Dort angekommen wurde angesichts der reichlich vorhandenen Zeit noch schnell der örtliche Fastfood-Tempel ausgeraubt, bevor wir uns auf dem Weg Richtung Halle machten. Dort angekommen blieben wir solange im Auto sitzen, bis zwei Gestalten mitsamt ihrem DBR gekennzeichneten Wagen verschwanden und Einzelne sich schon für die Party nach dem Spiel warmmachten. Als dann alle Hamburger beisammen waren, erstürmten wir den Block der Szene IZ mit lautem Gesang. Nach und nach trudelten auch gestresste Leute von Itzehoe ein und auch die ersten Leute aus Kleinenkneten und Bremen wurden gesichtet. In der Halle blieben die einzelnen Gruppen noch etwas für sich, was sich später ändern sollte.
Bevor aber das wilde Gelage beginnen konnte, galt es noch ein Spiel zu bestreiten. Das inoffizielle Vorprogramm, das eine Slapstick-Einlage, in der eine Leiter eine wichtige Rolle spielte, beinhaltete, schaffte es gut, die Zeit bis zum Anwurf zu überbrücken (keine Angst, es gab nur Leichtverletzte). Die Itzehoeler hatten sich natürlich nicht lumpen lassen und eine Aktion für das Einlaufen der Spieler vorbereitet. Drei Doppelhalter mit den Buchstaben “MTV” wurden von Folienfahnen- und Bahnen eingerahmt. Sah zumindest vom Block aus nicht schlecht aus.
Relativ schlecht sah der Beginn des Spiels aus Sicht der Eagles aus. Nach der schwächeren Leistung in Stade eine Woche zuvor fanden die Gastgeber abermals nur schwer in die Partie und hatten mit dem Aufsteiger aus Rostock alle Mühe. So hatten sie zwar die meiste Zeit des Spiels eine Führung inne, konnten diese aber nie so richtig weit ausbauen. Letztlich reichte eine nur wenig überzeugende Leistung zu einem 84:77-Sieg. Am nächsten Samstag im Spitzenspiel gegen Oldenburg sollten sich die Blau-Weißen aber erheblich steigern, um dort nicht chancenlos unterzugehen.
Der Support der Kurve IZ hingegen war allererster Sahne. Durch die große Menge an motivierten Leuten im Block waren immer Materialien im Einsatz und es wurde alles gegeben. Vor allem in der ersten Halbzeit konnte so eine beachtliche Lautstärke erzeugt werden. In der zweiten Hälfte ging diese ein wenig runter, was gerade für uns Kaoten aber vorher schon klar gewesen war, schließlich bestritten wir gerade unser zweites Spiel innerhalb weniger Stunden. Die Szene IZ hat an diesem Abend aber auf jeden Fall eine Duftmarke gesetzt.
Verfeinert wurde diese durch die weiteren Ereignisse. Nachdem Abbauen etc. abgehakt waren und kurzerhand ein NKler zum Fahrdienst abgestellt wurde, ging es mit Autos zur Location des Konzerts. Diese liegt etwas abgelegen und besteht aus einer alten Fabrikhalle direkt neben einem alten Silo. Sehr coole Atmosphäre und viel Platz um so viel Lärm zu machen, wie man wollte. Nachdem wir die Band unbeabsichtigt in die falsche Richtung geschickt hatten, trafen auch wir Kaoten geschlossen ein und machten uns erstmal über die Reste vom Büffet her, lecker!
Es dauerte nicht lange und die verschiedenen Gruppen kamen ins Gespräch. So lernten sich Menschen kennen, erfuhren neue Einblicke in verschiedenste Dinge, gewannen neue Perspektiven und lernten allerhand hinzu. Genau das also, was innerhalb einer Subkultur eigentlich normaler Umgang sein sollte. Schade, das Ultra dazu in weiten Teilen nicht oder nur vereinzelt in der Lage zu sein scheint…
Gegen 23 Uhr begann auch das offizielle Programm. Die Hip-Hoper aus Itzehoe, JustIZ, versuchten die Anwesenden für ihre Musik zu begeistern. Leider machte die Technik aber Probleme, sodass die Herren sich außer Lage sahen, weiter zu machen. Live-Rap ist sowieso immer ein wenig schwierig, weil man in den meisten Fällen wenig bis nichts vom Text versteht, sodass ein Urteil darüber, wie schade es um den abgebrochenen Gig ist, schwer fällt.
Gegen Mitternacht begann dann die Elektro-Punk-Rock(?)-Band “E123″ ihren Auftritt. Auch sie hatten mit der Technik zu kämpfen (Feedback), scherten sich aber im Gegensatz zu den Rappern zuvor relativ wenig darum. Auch der Umstand, dass weniger Leute anwesend waren, als die Jungs es gewohnt sind, schien sie nicht weiter zu stören. Ganz dem Motto “Wir sind wenig aber geil!” zündeten Band und Publikum ein Feuerwerk der Ekstase. Die größtenteils wirklich guten, meistens politisch geprägten Texte sorgten in Kombination mit geilen Beats für ordentlich Bewegung der “Masse”, auch bei denen, die sonst nicht so in diesem Genre beheimatet sind. Körper flogen gegeneinander, kleine Kinder rannten erschreckt weg, es war einfach nur genial. Zwischendurch kam der Sänger auch einfach mal runter und moshte ordentlich mit (und landete dabei versehentlich einmal auf dem Hosenboden, sorry dafür). Selbst eine Zwei-Mann-Wall-of-Death ward gesehen und auch die Bühne wurde vom Publikum kurzerhand geentert.
Ein klein wenig getrübt wurde der Abschluss des Konzerts, bestehend aus einer “Wir-wiederholen-einzelne-Lieder-einfach-weil-wir-nicht-genug-Songs-für-eine-Zugabe-haben”-Zugabe, durch “Israel und die zionistische Bewegung” feiernde Parolen, die von Teilen des Publikums gerufen wurden. Antinationalismus kann nicht bei Deutschland aufhören, sondern muss sich gegen jede Nation richten!!!
Aber auch dies konnte die gute Laune nur kurz und auch nur ein ganz kleinen wenig drücken. Nach “E123″ legte ein ehemaliges Mitglied der IBW auf, traf dabei aber nicht unbedingt den Musikgeschmack der anwesenden Kaoten. So verlagerten wir das Geschehen etwas nach draußen, wo die interessanten und lehrreichen Gespräche fortgeführt wurden, bis irgendwann gegen halb 4 (?) Aufbruchstimmung aufkam (zu der die Kälte sicherlich beigetragen hat) und die Heimreise nach Hamburg angetreten wurde. Diese verlief ereignislos und gegen halb 6 war ein langer Tag vorbei.
Insgesamt kann man nur von einem äußerst gelungenem Wochenende sprechen. Erst schickt sich der SCV an, endlich eine Serie zu starten (jede Serie startet mit einem ersten Sieg ;-)), dann ein supporttechnisch gutes Spiel in Itzehoe und als krönender Abschluss eine absolut geniale Veranstaltung/Party/Konzert. Nach IZ auf jeden Fall ein fettes Danke schön für die Organisation des Ganzen, gerne wieder!!