Das
Auswärtsspiel, auf das wir alle mal so überhaupt keine Lust hatten,
seitdem klar war, dass wir es diese Saison mit dem SCVM zu tun haben
sollten. Wenigstens hatten wir Glück und mussten nicht im tiefsten
Winter raus auf den Deich, sondern konnten einen milden Freitagabend
dort verbringen, halbvolles Glas und so. Mehr zu den äußerlichen
Bedingungen aber später.
Sportlich
war die Sache vor dem Spiel jedenfalls klar: Auf dem Weg zur
Meisterschaft sollte der abstiegsbedrohte Club aus dem Süd-Osten
Hamburgs kein Stolperstein werden, so die Zielvorgabe. Und in den
ersten Minuten sah es auch ganz danach aus, als würde dieser Abend
ein relativ entspannter werden. Nach sechs Zeigerumdrehungen schlug
unser Traum-Duo Hoose–Patschinski (zusammen an 37 von 57 Toren
beteiligt) mal wieder zu und es stand 1:0 für den kommenden Meister.
Doch dann hatte man den Eindruck, dass der ein oder andere
Victorianer in Gedanken bereits beim wichtigen Spiel im Pokal am
Dienstag war. Es wurde nicht mehr so zielgerichtet und v.a. genau
nach vorne gespielt. Und auch hinten ließ die Aufmerksamkeit nach
und so stand es nach zehn Minuten 1:1. Das Tor für die Gastgeber war
dabei aber durchaus sehenswert (direkt verwandeltes Lob-Zuspiel in
den Strafraum), auch wenn das die Sache natürlich nur bedingt besser
machte. In der Folge Vicky zwar überlegen, aber halt nicht wirklich
zwingend. Ein stärkerer Gegner als Vier- und Marschlande hätte
diese Phase wohl ausgenutzt. So blieb es aber zur Halbzeit bei 1:1,
eine klare Steigerung musste her.
Und
die sollte auch kommen. Der zur zweiten Hälfte eingewechselte Dennis
Sudbrack brachte eindeutig neuen Schwung in die Angriffsbemühungen
der Blau-Gelben, die knapp zehn Minuten nach Wiederanpfiff belohnt
wurden: Eben jener Sudbrack spielte sehenswert auf Benny Hoose, der
dann vom Torwart zu Fall gebracht wurde, Elfmeter. Ob der jetzt
wirklich gerechtfertigt war, sei mal dahin gestellt, wirklich
protestiert hat aber auch keiner. Nachdem Schulz und Hoose die
letzten drei Elfmeter verhauen hatten (btw: Bitte kein
Elfmeterschießen gegen Norderstedt!), durfte sich nun Patsche vom
Punkt versuchen. Der machte seine Sache auch eindeutig besser als die
Herren Messi, Ronaldo und Ramos unter der Woche und verwandelte
souverän. So stand es 2:1 für die Guten und der Spaß konnte erst
so richtig beginnen. Zehn Minuten nach der Führung war es wieder der
Herr Weltpokalsiegerbesiegertorschütze, der den Sack endgültig zu
machte: Nach Vorlage von Rabenhorst gelang ihm sein neuntes
Saisontor, da kann man langsam aber sicher von einer guten
Winterverpflichtung sprechen! ;-)
Wieder
knappe zehn Minuten später erhöhte der nächste Zugang aus dem
Winter, Andi Brück. Wenige Augenblicke zuvor hatte er es artistisch
mit der Hacke versucht und war nur knapp gescheitert. Mit dem Kopf
klappte es aber eindeutig besser, als er eine butterweiche Flanke von
Benny Hoose wuchtig ins Netz beförderte. Den Schlusspunkt setzte Cem
Cetinkaya nach wunderbarem Zuspiel durch Dennis Sudbrack.
Aufgrund
der starken zweiten Halbzeit war dieses Ergebnis auch in der Höhe
absolut verdient. Wenn dieses Niveau auch am Dienstag gezeigt wird,
steht einem Finale im eigenen Stadion nichts im Weg. Der Gegner
allerdings zeigte wohl eine ähnlich überzeugende Leistung bei
Altona, sodass alles für einen spannenden Pokalfight angerichtet
ist.
Zurück
zu den äußerlichen Bedingungen: Die Anreise des Mobs glich einer
Odyssee. Erst wurde der Bus fast verpasst, weil alle damit
beschäftigt waren, die hübsche Industrie-Landschaft in Tiefstack zu
bewundern, anstatt mal zu schauen, wo es denn jetzt längs geht. Und
dann sorgte eben dieser Bus für die Kuriosität des Abends: An
seiner Endhaltestelle angekommen, verließen wir die 124, um auf die
222 zu warten. Ungefähr 30 Sekunden später und um einen netten
Hinweis des Busfahrers reicher, stiegen wir in das gleiche Gefährt
wieder ein, das nun die 222 trug. Kann ja keiner ahnen, dass sich die
Linie hier „on the fly“ ändert...
Am
Stadion angekommen suchten wir uns einen hübschen Platz an der
Eckfahne und beobachteten ein wenig den gerade trainierenden
Nachwuchs der Hausherren. Als die Nachricht die Runde machte, dass es
hier Pommes für 1,50 Euro gab, begann der Sturm auf den
Verkaufsstand. Diesem waren die Leute da aber nicht wirklich
gewachsen, so dass erst mal Warten angesagt war. Gelohnt hat es sich
aber: Günstiger als bei uns, leckerer als bei uns und mehr als bei
uns, was will man mehr?
Ziemlich
pünktlich zum Anpfiff waren dann alle Mägen voll und es konnte
losgehen. Der Support gestaltete sich ähnlich wie in Meiendorf ohne
Trommel, sodass verstärkt auf Armeinsatz in Form von Klatschen und
Schalbenutzen geachtet wurde. Im Vergleich zur Vergangenheit
funktionierte beides sehr gut. Weniger gut ging das Singen. Der
weitläufige Ground plus komische Luft verschluckten leider viele
Dezibel und ermüdeten die Stimmbänder auch noch ziemlich schnell.
So setzte der Auftritt am Freitag Abend erwartungsgemäß keinen
neuen Lautstärkerekord. Dafür wurde dem eigenen Ideal egal ob mit
fünf oder 50 Leuten 90 Minuten zu supporten wieder einmal
entsprochen, sodass man zufrieden sein konnte. In der zweiten Hälfte
kam dank des Spielverlaufs auch der „Spaß- und Sinnlos-Support“
nicht zu kurz. Ballverluste wurden mit entrüsteten „Wir haben die
Schnauze voll“-Gesängen quittiert. Zirkulierte das Runde dann
wieder in den Reihen des SCV, wurde jeder ankommende Pass frenetisch
gefeiert. Gefeiert wurden auch wieder diverse Spieler. Und selbst die
Ersatzspieler des SCVM wurden in regelmäßigen Abständen bejubelt,
weil sie dafür zuständig waren, das Schützenfest auf der
Anzeigetafel zu dokumentieren.
Auf
dem Rückweg gab es dann ein ähnliches Buserlebnis wie wenige
Stunden zuvor. Als erfahrene Deichfahrer wussten wir aber inzwischen
damit umzugehen und kamen wohlbehalten am Hauptbahnhof an, wo sich
die Wege trennten. Auf der langen Fahrt zuvor wurde fleißig Kontakt
zur örtlichen weiblichen Disko-Hopper-Szene geknüpft, sodass es
auch hier nicht langweilig wurde.
Alles
in allem war es ein überraschend angenehmer Ausflug auf den Deich.
Natürlich durch den Spielverlauf beeinflusst machte das Ganze
einfach Spaß. Nichtsdestotrotz verzichten wir nächste Saison mehr
als gerne auf Sportplätze und freuen uns auf die Stadien der
Regionalliga Nord.