Freitag, 27. April 2012

30. Spieltag: SC Vier- und Marschlande – SC Victoria Hamburg 1:5 (1:1) (27.04.2012)


Das Auswärtsspiel, auf das wir alle mal so überhaupt keine Lust hatten, seitdem klar war, dass wir es diese Saison mit dem SCVM zu tun haben sollten. Wenigstens hatten wir Glück und mussten nicht im tiefsten Winter raus auf den Deich, sondern konnten einen milden Freitagabend dort verbringen, halbvolles Glas und so. Mehr zu den äußerlichen Bedingungen aber später.
Sportlich war die Sache vor dem Spiel jedenfalls klar: Auf dem Weg zur Meisterschaft sollte der abstiegsbedrohte Club aus dem Süd-Osten Hamburgs kein Stolperstein werden, so die Zielvorgabe. Und in den ersten Minuten sah es auch ganz danach aus, als würde dieser Abend ein relativ entspannter werden. Nach sechs Zeigerumdrehungen schlug unser Traum-Duo Hoose–Patschinski (zusammen an 37 von 57 Toren beteiligt) mal wieder zu und es stand 1:0 für den kommenden Meister. Doch dann hatte man den Eindruck, dass der ein oder andere Victorianer in Gedanken bereits beim wichtigen Spiel im Pokal am Dienstag war. Es wurde nicht mehr so zielgerichtet und v.a. genau nach vorne gespielt. Und auch hinten ließ die Aufmerksamkeit nach und so stand es nach zehn Minuten 1:1. Das Tor für die Gastgeber war dabei aber durchaus sehenswert (direkt verwandeltes Lob-Zuspiel in den Strafraum), auch wenn das die Sache natürlich nur bedingt besser machte. In der Folge Vicky zwar überlegen, aber halt nicht wirklich zwingend. Ein stärkerer Gegner als Vier- und Marschlande hätte diese Phase wohl ausgenutzt. So blieb es aber zur Halbzeit bei 1:1, eine klare Steigerung musste her.
Und die sollte auch kommen. Der zur zweiten Hälfte eingewechselte Dennis Sudbrack brachte eindeutig neuen Schwung in die Angriffsbemühungen der Blau-Gelben, die knapp zehn Minuten nach Wiederanpfiff belohnt wurden: Eben jener Sudbrack spielte sehenswert auf Benny Hoose, der dann vom Torwart zu Fall gebracht wurde, Elfmeter. Ob der jetzt wirklich gerechtfertigt war, sei mal dahin gestellt, wirklich protestiert hat aber auch keiner. Nachdem Schulz und Hoose die letzten drei Elfmeter verhauen hatten (btw: Bitte kein Elfmeterschießen gegen Norderstedt!), durfte sich nun Patsche vom Punkt versuchen. Der machte seine Sache auch eindeutig besser als die Herren Messi, Ronaldo und Ramos unter der Woche und verwandelte souverän. So stand es 2:1 für die Guten und der Spaß konnte erst so richtig beginnen. Zehn Minuten nach der Führung war es wieder der Herr Weltpokalsiegerbesiegertorschütze, der den Sack endgültig zu machte: Nach Vorlage von Rabenhorst gelang ihm sein neuntes Saisontor, da kann man langsam aber sicher von einer guten Winterverpflichtung sprechen! ;-)
Wieder knappe zehn Minuten später erhöhte der nächste Zugang aus dem Winter, Andi Brück. Wenige Augenblicke zuvor hatte er es artistisch mit der Hacke versucht und war nur knapp gescheitert. Mit dem Kopf klappte es aber eindeutig besser, als er eine butterweiche Flanke von Benny Hoose wuchtig ins Netz beförderte. Den Schlusspunkt setzte Cem Cetinkaya nach wunderbarem Zuspiel durch Dennis Sudbrack.
Aufgrund der starken zweiten Halbzeit war dieses Ergebnis auch in der Höhe absolut verdient. Wenn dieses Niveau auch am Dienstag gezeigt wird, steht einem Finale im eigenen Stadion nichts im Weg. Der Gegner allerdings zeigte wohl eine ähnlich überzeugende Leistung bei Altona, sodass alles für einen spannenden Pokalfight angerichtet ist.

Zurück zu den äußerlichen Bedingungen: Die Anreise des Mobs glich einer Odyssee. Erst wurde der Bus fast verpasst, weil alle damit beschäftigt waren, die hübsche Industrie-Landschaft in Tiefstack zu bewundern, anstatt mal zu schauen, wo es denn jetzt längs geht. Und dann sorgte eben dieser Bus für die Kuriosität des Abends: An seiner Endhaltestelle angekommen, verließen wir die 124, um auf die 222 zu warten. Ungefähr 30 Sekunden später und um einen netten Hinweis des Busfahrers reicher, stiegen wir in das gleiche Gefährt wieder ein, das nun die 222 trug. Kann ja keiner ahnen, dass sich die Linie hier „on the fly“ ändert...
Am Stadion angekommen suchten wir uns einen hübschen Platz an der Eckfahne und beobachteten ein wenig den gerade trainierenden Nachwuchs der Hausherren. Als die Nachricht die Runde machte, dass es hier Pommes für 1,50 Euro gab, begann der Sturm auf den Verkaufsstand. Diesem waren die Leute da aber nicht wirklich gewachsen, so dass erst mal Warten angesagt war. Gelohnt hat es sich aber: Günstiger als bei uns, leckerer als bei uns und mehr als bei uns, was will man mehr?
Ziemlich pünktlich zum Anpfiff waren dann alle Mägen voll und es konnte losgehen. Der Support gestaltete sich ähnlich wie in Meiendorf ohne Trommel, sodass verstärkt auf Armeinsatz in Form von Klatschen und Schalbenutzen geachtet wurde. Im Vergleich zur Vergangenheit funktionierte beides sehr gut. Weniger gut ging das Singen. Der weitläufige Ground plus komische Luft verschluckten leider viele Dezibel und ermüdeten die Stimmbänder auch noch ziemlich schnell. So setzte der Auftritt am Freitag Abend erwartungsgemäß keinen neuen Lautstärkerekord. Dafür wurde dem eigenen Ideal egal ob mit fünf oder 50 Leuten 90 Minuten zu supporten wieder einmal entsprochen, sodass man zufrieden sein konnte. In der zweiten Hälfte kam dank des Spielverlaufs auch der „Spaß- und Sinnlos-Support“ nicht zu kurz. Ballverluste wurden mit entrüsteten „Wir haben die Schnauze voll“-Gesängen quittiert. Zirkulierte das Runde dann wieder in den Reihen des SCV, wurde jeder ankommende Pass frenetisch gefeiert. Gefeiert wurden auch wieder diverse Spieler. Und selbst die Ersatzspieler des SCVM wurden in regelmäßigen Abständen bejubelt, weil sie dafür zuständig waren, das Schützenfest auf der Anzeigetafel zu dokumentieren.
Auf dem Rückweg gab es dann ein ähnliches Buserlebnis wie wenige Stunden zuvor. Als erfahrene Deichfahrer wussten wir aber inzwischen damit umzugehen und kamen wohlbehalten am Hauptbahnhof an, wo sich die Wege trennten. Auf der langen Fahrt zuvor wurde fleißig Kontakt zur örtlichen weiblichen Disko-Hopper-Szene geknüpft, sodass es auch hier nicht langweilig wurde.

Alles in allem war es ein überraschend angenehmer Ausflug auf den Deich. Natürlich durch den Spielverlauf beeinflusst machte das Ganze einfach Spaß. Nichtsdestotrotz verzichten wir nächste Saison mehr als gerne auf Sportplätze und freuen uns auf die Stadien der Regionalliga Nord.