Ernst-Wagener-Stadion, 520 Zuschauer
Eichede auswärts als
Regionalligaauftakt, das sorgte bei Spielplanveröffentlichung für
gemischte Reaktionen: Klar, der Aufsteiger, der sich in der
Vorbereitung äußerst schwach zeigte, war ein guter Gegner, um in
die Saison zu starten, die Auswärtsschwäche der vergangenen
Spielzeit gleich von Beginn an vergessen zu machen. Es gab aber auch
Stimmen, die warnten: Aufstiegseuphorie auf dem Dorf, spielerisch
limitierter Gegner, der aber bis zum Umfallen kämpfen würde, das
wird nicht einfach. Wenn man ehrlich ist, waren die meisten von uns
dann doch eher auf Seiten der ersten Fraktion. Die Vorbereitung lief
im Gegensatz zum Sommer 2012 sehr zufriedenstellend, eine Woche zuvor
wurde Hannover lange Paroli geboten, da sollte doch Eichede ein
machbarer Gegner sein.
Diesem zarten Funken Euphorie
konnte auch die äußerst schlechte, weil quasi nicht vorhandene
Anbindung des Dörfchens in der Gemeinde Steinburg an den ÖPNV
nichts anhaben. Zunächst gab es kurze Überlegungen, wie letztes
Jahr mit dem Bus zum ersten Saisonspiel zu reisen, die aber ob der
Kosten gleich wieder verworfen wurden. Da wir zu wenige Autos zur
Verfügung hatten, blieb nur noch der gute alte Drahtesel. In den
Tagen vor dem Spiel wurden also Fahrräder für alle besorgt und weil
wir die Gelegenheit gleich mal nutzten, die Fahrt als
Trikot-Mottofahrt zu deklarieren, mussten auch diverse Trikots aus
den Mottenkisten geholt werden. Schon spannend zu sehen, was für
Raritäten aus dem letzten Jahrzehnt Vicky-Shirts da zum Vorschein
kamen!
So trafen sich am Sonntagmittag
knapp 15 hochsportliche und motivierte Gestalten um von der U-Bahn
Großhansdorf über die Dörfer zu tingeln. Für Nordkaos typisch
hatte sich natürlich kein Schwein zuvor mal eine Karte angeschaut,
sodass die richtige Richtung zunächst mehr geraten wurde als sonst
etwas. Im etwas großen Bogen erreichten wir über Hoisdorf, das
gefühlt über 20 Ortsschilder verfügt, zunächst Todendorf. Dort
haben wir dann flashmobartig das stattfindende Spiel zwischen dem VfR
Todendorf II und dem Tralauer SV II geentert, kurz zwei Gesänge zum
Besten gegeben und dann weiter gefahren, grandios!
Ungefähr eine Stunde vor Anpfiff
erreichten wir das Stadion in Eichede. Das Begleitauto, dass
zwischenzeitlich auf einen Verschlafer warten musste, kam fast
zeitgleich mit uns an, sodass man sich nach einem kurzen Snack recht
zügig zum Stadioneingang bewegen konnte. Da wurde schnell
offensichtlich, dass das Dorf auf Regionalligafußball mal so
überhaupt nicht vorbereitet ist. Die halben Ausbauten, die sowieso
nur auf einer Seite des Platzes das Ding zum Allseater machen
sollten, waren noch nicht fertig gestellt. Natürlich betraf das auch
den Gästeblock, sodass erstmal das wilde Diskutieren begann, wo wir
eigentlich hin sollten. Unsere Warnungen, dass die Heimzuschauer es
nicht so geil finden würden, wenn wir vor ihren Nasen singen,
trommeln und Fahnen schwenken, wurden nicht weiter beachtet. So
stellten wir uns letztlich einfach an die Bande und die Leute hinter
uns hatten halt Pech. Die hatten dann natürlich auch nichts Besseres
zu tun, als uns mit ihren ach so witzigen Sprüchen zu nerven.
Manchmal kotzt es einen echt an, dass zum Fußball auf allen Ebenen
in diesem Land lauter Menschen unterwegs sind, die das Wort Fankultur
nicht mal buchstabieren können und deswegen aus allen Wolken fallen,
wenn sie jemandem begegnen, der seinen Verein durch mehr als „nur“
Rumsitzen (no offense) unterstützt!
Nerven wollte uns an diesem Tage
übrigens unsere Mannschaft auch: Dem Auftritt in der ersten Halbzeit
fehlte es bis auf einige ganz wenige Momente an allem, was es in
dieser Liga zum Überleben braucht: Körperspannung von der ersten
bis zur letzten Minute, Einsatzwille, Kampfgeist. Wenn dann auch noch
Unkonzentriertheit dazu kommt, ist das Ergebnis ein nicht-vorhandenes
Spiel nach vorne gepaart mit unglaublich vielen Ballverlusten und
verlorenen Zweikämpfen. Und um das Ganze noch abzurunden, gab es
auch noch unzählige Standards für den Gegner in der Nähe des
eigenen Tores. Die Standardschwäche der letzten Saison ist zwar
etwas besser geworden, aber wenn man der anderen Mannschaft so viele
Chancen bietet, nutzt die sie auch irgendwann aus. Denn die Jungs vom
Dorf waren im Gegensatz zu den Blau-Gelben, die mit dem Kopf
wahrscheinlich immer noch bei Hannover waren, von Beginn an heiß.
Spielerisch nicht wirklich in der Lage dagegen zu halten, aber das
brauchten sie auch nicht, Vicky bekam ja eh nichts Intelligentes
gebacken. So war die Führung in Folge eines Kuddelmuddels nach, wie
sollte es auch sonst sein, einer Ecke für die Gastgeber kurz vor der
Halbzeit durchaus in Ordnung.
Wir ließen uns die Laune zunächst
nicht vermiesen. Zuversichtlich wie wir waren legten wir eine
ziemlich gute erste Hälfte hin. Klar, an Feinheiten gibt’s immer
was zu drehen, aber für ein Spiel auf so einem Ground und den damit
einhergehenden Beschränkungen auf jeden Fall ordentlich. Ordentlich
Dampf dürfte Vicky-Coach Lutz Göttling seinen Schützlingen während
der Pause gemacht haben. Wie ausgewechselt traten sie in den ersten
Minuten nach dem Seitenwechsel auf und zeigten, dass sie das, was sie
zuvor vermissen ließen, mindestens genau so gut beherrschen wie der
Gegner. Folgerichtig fiel knappe zehn Minuten nach Wiederanpfiff der
Ausgleich durch David Eybächer nach einer Ecke. In den folgenden
Minuten übernahm der SCV das Spiel, ließ, wie es so schön heißt,
Ball und Gegner laufen. Benny Hoose ließ die beste Chance auf die
Führung liegen und im weiteren Verlauf hatte sich Eichede wieder
etwas sortiert. Victoria immer noch spielbestimmend, aber die
Gastgeber machten die Räume jetzt gut dicht. Zehn Minuten vor
Schluss gab es noch einmal Freistoß für die Rot-Weißen, Tobi
Grubba verschätzte sich beim Rauskommen und der Kopfball von Huseni
segelte im hohen Bogen ins Tor. Damit war der Spielverlauf der
zweiten Halbzeit auf den Kopf gestellt, aber danach kräht ja kein
Hahn. In der Schlussoffensive der Göttling-Elf spielte sich eher
Eichede Konterchancen aus, als dass es vor dem Tor von Ex-Victorianer
Fabian Lucassen gefährlich geworden wäre. Letztlich blieb es bei
der 1:2-Niederlage und wir waren bedient. Durch die verbesserte
Spielweise der Mannschaft etwas angetrieben zogen wir noch ein
kleines Stück im Support an, auch wenn die Stimmen natürlich mit
der Zeit nachließen. Nach dem Führungstreffer glaubte aber keiner
mehr so recht an ein Zurückschlagen unserer Jungs und wir gaben uns
dem Elend hin.
Nun hat also doch die Fraktion
Recht bekommen, die vor einem schweren Regionalligaauftakt gewarnt
hatte. Das indiskutable Auftreten setzte sich unter der Woche im
Pokal fort (vgl. entsprechender Bericht), sodass im Spiel gegen
Braunschweig einfach eine Trotzreaktion kommen muss! Die sind zwar
Aufsteiger, aber Zweitmannschaften sind immer so eine Geschichte für
sich, einfach wird’s jedenfalls nicht. Bleibt zu hoffen, dass der
Saisonstart nicht ähnlich katastrophal abläuft wie im letzten Jahr,
noch einmal so eine Hypothek durchs Jahr zu schleppen könnte sich
als fatal erweisen. Sollte dies aber doch passieren, so wird es für
die Fanszene essentiell wichtig sein sich nicht hängen zu lassen. Es
ist keinem geholfen, wenn wir uns vom Sportlichen die lange Zeit
nicht für möglich gehaltene zweite Regionalligasaison madig machen
lassen! Avanti Ultras!