Sonntag, 11. August 2013

2. Spieltag: SV Eichede – SC Victoria Hamburg 2:1 (1:0) (11.08.2013)

Ernst-Wagener-Stadion, 520 Zuschauer

Eichede auswärts als Regionalligaauftakt, das sorgte bei Spielplanveröffentlichung für gemischte Reaktionen: Klar, der Aufsteiger, der sich in der Vorbereitung äußerst schwach zeigte, war ein guter Gegner, um in die Saison zu starten, die Auswärtsschwäche der vergangenen Spielzeit gleich von Beginn an vergessen zu machen. Es gab aber auch Stimmen, die warnten: Aufstiegseuphorie auf dem Dorf, spielerisch limitierter Gegner, der aber bis zum Umfallen kämpfen würde, das wird nicht einfach. Wenn man ehrlich ist, waren die meisten von uns dann doch eher auf Seiten der ersten Fraktion. Die Vorbereitung lief im Gegensatz zum Sommer 2012 sehr zufriedenstellend, eine Woche zuvor wurde Hannover lange Paroli geboten, da sollte doch Eichede ein machbarer Gegner sein.
Diesem zarten Funken Euphorie konnte auch die äußerst schlechte, weil quasi nicht vorhandene Anbindung des Dörfchens in der Gemeinde Steinburg an den ÖPNV nichts anhaben. Zunächst gab es kurze Überlegungen, wie letztes Jahr mit dem Bus zum ersten Saisonspiel zu reisen, die aber ob der Kosten gleich wieder verworfen wurden. Da wir zu wenige Autos zur Verfügung hatten, blieb nur noch der gute alte Drahtesel. In den Tagen vor dem Spiel wurden also Fahrräder für alle besorgt und weil wir die Gelegenheit gleich mal nutzten, die Fahrt als Trikot-Mottofahrt zu deklarieren, mussten auch diverse Trikots aus den Mottenkisten geholt werden. Schon spannend zu sehen, was für Raritäten aus dem letzten Jahrzehnt Vicky-Shirts da zum Vorschein kamen!
So trafen sich am Sonntagmittag knapp 15 hochsportliche und motivierte Gestalten um von der U-Bahn Großhansdorf über die Dörfer zu tingeln. Für Nordkaos typisch hatte sich natürlich kein Schwein zuvor mal eine Karte angeschaut, sodass die richtige Richtung zunächst mehr geraten wurde als sonst etwas. Im etwas großen Bogen erreichten wir über Hoisdorf, das gefühlt über 20 Ortsschilder verfügt, zunächst Todendorf. Dort haben wir dann flashmobartig das stattfindende Spiel zwischen dem VfR Todendorf II und dem Tralauer SV II geentert, kurz zwei Gesänge zum Besten gegeben und dann weiter gefahren, grandios!
Ungefähr eine Stunde vor Anpfiff erreichten wir das Stadion in Eichede. Das Begleitauto, dass zwischenzeitlich auf einen Verschlafer warten musste, kam fast zeitgleich mit uns an, sodass man sich nach einem kurzen Snack recht zügig zum Stadioneingang bewegen konnte. Da wurde schnell offensichtlich, dass das Dorf auf Regionalligafußball mal so überhaupt nicht vorbereitet ist. Die halben Ausbauten, die sowieso nur auf einer Seite des Platzes das Ding zum Allseater machen sollten, waren noch nicht fertig gestellt. Natürlich betraf das auch den Gästeblock, sodass erstmal das wilde Diskutieren begann, wo wir eigentlich hin sollten. Unsere Warnungen, dass die Heimzuschauer es nicht so geil finden würden, wenn wir vor ihren Nasen singen, trommeln und Fahnen schwenken, wurden nicht weiter beachtet. So stellten wir uns letztlich einfach an die Bande und die Leute hinter uns hatten halt Pech. Die hatten dann natürlich auch nichts Besseres zu tun, als uns mit ihren ach so witzigen Sprüchen zu nerven. Manchmal kotzt es einen echt an, dass zum Fußball auf allen Ebenen in diesem Land lauter Menschen unterwegs sind, die das Wort Fankultur nicht mal buchstabieren können und deswegen aus allen Wolken fallen, wenn sie jemandem begegnen, der seinen Verein durch mehr als „nur“ Rumsitzen (no offense) unterstützt!
Nerven wollte uns an diesem Tage übrigens unsere Mannschaft auch: Dem Auftritt in der ersten Halbzeit fehlte es bis auf einige ganz wenige Momente an allem, was es in dieser Liga zum Überleben braucht: Körperspannung von der ersten bis zur letzten Minute, Einsatzwille, Kampfgeist. Wenn dann auch noch Unkonzentriertheit dazu kommt, ist das Ergebnis ein nicht-vorhandenes Spiel nach vorne gepaart mit unglaublich vielen Ballverlusten und verlorenen Zweikämpfen. Und um das Ganze noch abzurunden, gab es auch noch unzählige Standards für den Gegner in der Nähe des eigenen Tores. Die Standardschwäche der letzten Saison ist zwar etwas besser geworden, aber wenn man der anderen Mannschaft so viele Chancen bietet, nutzt die sie auch irgendwann aus. Denn die Jungs vom Dorf waren im Gegensatz zu den Blau-Gelben, die mit dem Kopf wahrscheinlich immer noch bei Hannover waren, von Beginn an heiß. Spielerisch nicht wirklich in der Lage dagegen zu halten, aber das brauchten sie auch nicht, Vicky bekam ja eh nichts Intelligentes gebacken. So war die Führung in Folge eines Kuddelmuddels nach, wie sollte es auch sonst sein, einer Ecke für die Gastgeber kurz vor der Halbzeit durchaus in Ordnung.
Wir ließen uns die Laune zunächst nicht vermiesen. Zuversichtlich wie wir waren legten wir eine ziemlich gute erste Hälfte hin. Klar, an Feinheiten gibt’s immer was zu drehen, aber für ein Spiel auf so einem Ground und den damit einhergehenden Beschränkungen auf jeden Fall ordentlich. Ordentlich Dampf dürfte Vicky-Coach Lutz Göttling seinen Schützlingen während der Pause gemacht haben. Wie ausgewechselt traten sie in den ersten Minuten nach dem Seitenwechsel auf und zeigten, dass sie das, was sie zuvor vermissen ließen, mindestens genau so gut beherrschen wie der Gegner. Folgerichtig fiel knappe zehn Minuten nach Wiederanpfiff der Ausgleich durch David Eybächer nach einer Ecke. In den folgenden Minuten übernahm der SCV das Spiel, ließ, wie es so schön heißt, Ball und Gegner laufen. Benny Hoose ließ die beste Chance auf die Führung liegen und im weiteren Verlauf hatte sich Eichede wieder etwas sortiert. Victoria immer noch spielbestimmend, aber die Gastgeber machten die Räume jetzt gut dicht. Zehn Minuten vor Schluss gab es noch einmal Freistoß für die Rot-Weißen, Tobi Grubba verschätzte sich beim Rauskommen und der Kopfball von Huseni segelte im hohen Bogen ins Tor. Damit war der Spielverlauf der zweiten Halbzeit auf den Kopf gestellt, aber danach kräht ja kein Hahn. In der Schlussoffensive der Göttling-Elf spielte sich eher Eichede Konterchancen aus, als dass es vor dem Tor von Ex-Victorianer Fabian Lucassen gefährlich geworden wäre. Letztlich blieb es bei der 1:2-Niederlage und wir waren bedient. Durch die verbesserte Spielweise der Mannschaft etwas angetrieben zogen wir noch ein kleines Stück im Support an, auch wenn die Stimmen natürlich mit der Zeit nachließen. Nach dem Führungstreffer glaubte aber keiner mehr so recht an ein Zurückschlagen unserer Jungs und wir gaben uns dem Elend hin.
Nun hat also doch die Fraktion Recht bekommen, die vor einem schweren Regionalligaauftakt gewarnt hatte. Das indiskutable Auftreten setzte sich unter der Woche im Pokal fort (vgl. entsprechender Bericht), sodass im Spiel gegen Braunschweig einfach eine Trotzreaktion kommen muss! Die sind zwar Aufsteiger, aber Zweitmannschaften sind immer so eine Geschichte für sich, einfach wird’s jedenfalls nicht. Bleibt zu hoffen, dass der Saisonstart nicht ähnlich katastrophal abläuft wie im letzten Jahr, noch einmal so eine Hypothek durchs Jahr zu schleppen könnte sich als fatal erweisen. Sollte dies aber doch passieren, so wird es für die Fanszene essentiell wichtig sein sich nicht hängen zu lassen. Es ist keinem geholfen, wenn wir uns vom Sportlichen die lange Zeit nicht für möglich gehaltene zweite Regionalligasaison madig machen lassen! Avanti Ultras!