Die Freude
war relativ groß am Abend der Auslosung vor wenigen Wochen. Zum
einen natürlich, weil es „nur“ gegen einen Landesligisten ging,
zum anderen aber auch weil den Ground noch keiner hatte, und ein
neuer Ground ist immer was Feines. Und auch wenn Schwarzenbek
tendenziell eher dezentral liegt, war eine Anreise zur Not per Bahn
möglich. Letztlich wurde aber fast vollständig per PKW angereist,
schlicht aus dem Grunde, dass kaum jemand hin wollte und so massig
Platz war. Der Trend, dass die Leute gefühlt die ersten sechs
Pokalrunden boykottieren, setzte sich also fort.
Und wenn wir
schon mal bei Trends sind: Selbst beim Landesligisten schaffte es
Blau-Gelb nicht, ohne Gegentor vom Platz zu gehen. In der
Regionalliga kann man ja durchaus noch die Überlegenheit der Gegner
ins Feld führen, in einem Ausscheidungsspiel gegen einen
Sechstligisten hingegen sind Fehler, wie sie zu den beiden Gegentoren
führten, unentschuldbar. Für höhere Aufgaben hat sich an diesem
Abend jedenfalls keiner aus dem Abwehrverbund inklusive Torwart
empfohlen. Dabei hatte alles so nett begonnen: Jakob Sachs stürmte
die linke Seite hinunter, flankte präzise auf den Kopf von Benny
Hoose und schon stand es nach sechs Minuten 1:0. Sollte etwa doch
eine souveräne Vorstellung, eine Art Mini-Befreiungsschlag folgen?
Schade Marmelade! Denn nach der Führung wurde sich der Ball zwar
munter und halbwegs sicher hin und her gepasst, so wirklich Zug zum
Tor war aber nicht da. Und wenn es dann doch mal Gelegenheiten gab,
wurden diese leichtfertig vergeben. So ließ man die Gastgeber immer
besser ins Spiel kommen und nach einem allzu bekannten Moment des
kompletten Chaos in der Hamburger Hintermannschaft stand es 1:1
(41.). Zur Halbzeit durfte Helmer (angeschlagen?) in der Kabine
bleiben und Abou bekam seine Chance. Und da es gegen einen
unterklassigen Gegner ging, konnte er diese auch gut nutzen (wir
erinnern uns alle an seine starke Vorbereitung, auf die null Komma
gar nix folgte): Zehn Minuten nach seiner Einwechslung legte er für
Jakob Sachs auf, der mustergültig verwandelte. 2:1-Führung, jetzt
aber bitte Schützenfest-Modus! Nichts da, man ließ den Gegner
erstmal wieder in Ruhe. Und der nutzte dann einen Fehler von
Christian Schau nach einer knappen Stunde aus und schon stand es 2:2.
In den Folgeminuten hatte ein Mann seinen großen Auftritt, den viele
schon fast wieder vergessen hatten: David Pedroso-Busso deutete an,
warum er im August geholt wurde, nachdem Herr Patschinski sich
verabschiedet hatte. Ein sehr sehr gutes Zuspiel von Abou verwertete
er wie ein Vollblutstürmer, der uns auch in den nächsten Spielen
gut zu Gesicht stehen würde, zum 3:2 (75.). Keine ganze
Zeigerumdrehung mehr krönte Khalil seinen guten Auftritt mit einem
sehenswerten Schuss in den Winkel nach hübschem Solo. Wenn das nur
auch in der Regionalliga so klappen würde... Naja, am Ende stand
also ein letztlich verdientes Weiterkommen gegen einen Gegner, von
dem man weiß Gott keine zwei Tore kriegen muss bzw. darf. Wir dürfen
uns jetzt entspannt zurück lehnen und den anderen zuschauen, was sie
so Anfang Dezember veranstalten. Von den ganz großen Brocken sind
nicht mehr allzu viele im Topf, eine Titelverteidigung liegt also
durchaus im Bereich des Möglichen.
Wir
beschränkten uns an diesem Abend darauf das wacklige Geländer
wiederholt aus den Angeln zu heben und sangen für jedes vom SCV
geschossene Tor genau einen Gesang. Mehr hatte sich die Mannschaft
aber auch nicht verdient. Mehr verlangte sie anscheinend auch nicht,
denn sie bedankte sich nach dem Spiel trotzdem bei uns, auch nach all
den Jahren eine schöne Geste! Ansonsten wurde das Spiel mit ganz
viel Klönschnack rumgebracht, wie das eben so ist, wenn man einen
neuen Ground macht. ;-)
Heimliches
Highlight des Abends dann übrigens nach Abpfiff. (Frei wieder
gegebenes) Gespräch kurzhaariger Zuschauer aus Schwarzenbek, der das
ganze Spiel schon eher mit uns beschäftigt war als mit dem Kick auf
dem Platz, und einem Kaoten:
„Ey, seit
(denn so würde er es auch schreiben) ihr Zecken?“
„Ja, und
bist du ein Nazi?“
„Ja, ich
bin ein Nationalsozialist. Wisst ihr eigentlich, wo ihr hier seit?
Das ist Schwarzenbek, Gebiet der Skinheadfront Schwarzenbek.“
Nach einer
nachdrücklichen Aufforderung, doch besser schnell das Weite zu
suchen, waren er und sein HSV-Kumpel auch bald weg. Aber es ist doch
schön zu sehen, dass es noch ehrliche Menschen auf dieser Welt gibt,
die bereitwillig Bildungslücken schließen, oder?