Nach dem ernüchternden Erlebnis
Neumünster war nichts mehr von Euphorie und Spaß an der
Regionalliga zu spüren. Sportliche Chancenlosigkeit, Schikanen,
ständige Überwachung und kaum noch nachvollziehbare Verbote haben
jetzt schon einen guten Teil des Umfeldes verprellt und nur noch der
harte Kern der Victoria-Fanszene stand zur Verfügung, sich ein
weiteres Mal im strömenden Regen überharten Kontrollen (waren
angekündigt) und einer deftigen Niederlage auszusetzen.
Lustlos marschierte der Minimob also
zum Edmund-Plambeck-Ground und ließ sich bewusst viel Zeit, das
schöne Stadion zu betreten. Wieder einmal war der Gästeblock nicht
geöffnet. Die Krawallmacher offenbar doch nicht so krawallig, dass
sich mehr Personal lohnen würde, aber krawallig genug, um einmal
mehr penibelste Kontrollen anzuordnen. Spannend, wo die Security so
Pyro vermutet. Willkommen im Tal der Ahnungslosen! Zumindest war man
hier nicht so unfreundlich wie in Neumünster. Wobei das galt nur für
den Ordnungsdienst, der Sicherheitsbeauftragte zeigte einmal mehr,
was zu viel Macht aus einem Menschen so machen kann. Sei es drum.
Wozu sich noch ärgern, als plötzlich gewaltbereite
Fußballfangruppierung müssen wir einfach mal hinnehmen, dass
permanente Drohungen als A und O einer entspannten Fußballatmo
gelten. Deeskalation durch gezielte Eskalation. Wie gesagt, Ordner
und Zivis machten es heute wett und zeigten, dass es auch im
freundlichen Miteinander geht und wir gar nicht bei jedem Spiel
kleine Kinder fressen. Da fällt mir ein, langsam sollten wir aber
mal anfangen mit dem Randalieren, unsere Szene hat in den letzten
Tagen so viele Vorschusslorbeeren in Sachen Krawallmacher und
Chaotentum bekommen, wir müssen jetzt auch mal nachlegen und das
untermauern. Sonst verliert das Gros der RL-Sicherheitsbeauftragten
noch seine Legitimation, wenn sie zwischen lauter Dorfvereinen nicht
zumindest hin und wieder mal ein paar „angeblichen Fans“ und
Fußballterroristen großmundige Drohungen entgegen schmettern
können.
So, den obligatorischen Part der
Sicherheitsprobleme abhaken und zum Spiel kommen – Das lohnt sich
nämlich weit mehr. Wieder erwartete uns eine dubiose Aufstellung und
wieder einmal resignierten nicht wenige Victorianer – okay, das
wird 'ne Klatsche. Doch die Mannschaft – heute zum ersten Mal in
den wirklich geilen blauen Trikots am Start – hatte nicht vor,
unsere düstersten Befürchtungen zu bestätigen. Tatsächlich
begannen sie ganz gut.
Ganz gut übrigens auch der Support.
Ein eigentlich enttäuschend kleiner Auswärtsmob dreht gleich zu
Beginn gut auf. Da war sie, diese Jetzt-erst-recht-Stimmung und alle
Fanclubs zogen zusammen 90 wirklich geile Minuten durch. Laut,
geschlossen, lustig und voll im Spiel. Natürlich hilft das enge
Stadion zu so einer guten Atmo und dann noch bei Flutlicht, aber auch
das Spiel unserer Mannschaft mitsamt 1:0-Führung nach Foul an Benny
Hoose und sicherem Elfer von Sergej Schulz sorgten für die
entsprechende Ekstase.
Abdrehen, Freidrehen, Ausflippen!
Natürlich kam es, wie es immer kommt, und der HSV zog kurz an und
übertölpelte unsere Abwehr, doch die Kurve ließ sich nicht
entmutigen und so auch nicht unsere Mannschaft. Heute kann trotzdem
etwas gehen!
Oder doch nicht? Wieder so eine dumme
Situation und wieder lagen wir hinten. Scheiß egal, weitermachen!
Unsere Jungs haben heute wirklich alles reingelegt, was möglich war.
Teilweise sah das auch gar nicht schlecht aus, eine klare
Verbesserung, ein Lebenszeichen, das letztlich mit dem wundervollen
Ausgleichstor von Jakob Sachs nach Vorarbeit von Benny Hoose belohnt
wurde. Wieder kollektives Ausrasten im Block.
Auch Neuzugang Pedrosu-Busso durfte ran
und wir hoffen, dass mit einem richtigen Stürmer auch die große
Trendwende einsetzt. Ein erster Schritt wurde heute getan.
Unentschieden im kleinen Derby statt erwartete Klatsche! Balsam fürs
Selbstbewusstsein. Vor allem wissen wir jetzt: Rückstände lassen
sich aufholen, wir können nämlich doch Tore schießen. Und
Tabellenletzter sind wir auch nicht mehr.
Ein geiler Abend. Vor allem, weil er so
unverhofft kam.