Seit 4 1/2 Jahren träumen alle bei Nordkaos von der Regionalliga. Am Freitag kurz nach 14:30 Uhr war es so weit: Der erste szeneeigene (+Presse) Bus machte sich auf den Weg Richtung Meppen. Manch einem wurde es richtig nostalgisch zumute: Bilder von ersten Saison-Auswärtsspielen in Uetersen oder Wedel vor Augen, war man mal so richtig froh, endlich in richtigen Stadien spielen zu dürfen.
Doch bevor Busfahrer Reinhard (und nicht wie von manch einem unaufmerksamen Mitfahrer angenommen Norbert) sein Gefährt durch den Elbtunnel navigieren konnte (für einen Mitfahrer eine Premiere), mussten wir Wochen voller Stress erleben. Das Bereitstellen dieses Busses stellte sich als ein absoluter Kraftakt heraus, der viele Nerven gekostet hat. Umso süßer der Moment, als klar war, dass wir es wirklich geschafft hatten! Die Fahrt an sich wurde erwartet lustig, die Vorfreude auf die neue Liga stand allen ins Gesicht geschrieben. So konnte uns auch ein heftiger Platzregen auf der Baustellen-Autobahn A1 nicht aufhalten, der „Hit-Mix“ lief in Dauerschleife, die Stimmung war gut. Nach Passieren der ersten von gefühlten 100 „Richtung Meppen“-Schildern machte sich aber auch eine erste Anspannung im Bus breit. Wie würde das Aussteigen am Stadion klappen? Wie würde der Support nach zwei Monaten Pause laufen? Würde unsere Mannschaft in der Regionalliga mithalten können? Oder sollten wir uns die erste von vielen Klatschen abholen? Neben diesen nagenden Fragen wurde die Zeit bis zum Anpfiff langsam aber sicher auch noch knapp, sodass die Nervosität weiter anstieg. Die Presse brauchte auch noch eine Extra-Wurst in Sachen Ausstieg, sodass wir erst einmal eine gefühlte Ewigkeit vor dem Haupteingang des Stadions rumstanden, grandiose Idee!
Als wir es dann endlich in den Gästeblock geschafft hatten, blieb gar nicht so richtig viel Zeit, sich das Stadion mal genauer anzuschauen, um den Moment einfach mal zu genießen. Schnell registriert, wie es in unserem Heim für die nächsten knapp zwei Stunden aussieht, und schon ging es ans Material aufbauen, Zaunfahnen aufhängen, Schwenker vorbereiten. Das klappte schon mal ganz gut. Als das erledigt war, blieben noch wenige Minuten, um zu realisieren, dass wir gleich in einem Stadion spielen, dass schon mal Zweitligafußball gesehen hat. Wahnsinn! Zwei überdachte Tribünen und offene Kurven gaben ein schönes Bild ab, das Spiel konnte beginnen.
Und wie es begann! Der SCV spielte in der ersten halben Stunde hervorragend. Meppen hatte unsere Jungs anscheinend komplett unterschätzt. Jedenfalls zeigten sie sich vom gewohnt feinen Kombinationsspiel unserer Offensivabteilung arg überrascht. So hatte Andi Brück nach wenigen Minuten die Führung auf dem Fuß, der Ball flog aber knapp drüber. Besser machte es in der 25. Minute Nico Patschinski. Zugegeben, aus elf Metern Entfernung ohne nervige Abwehrspieler um sich rum, hatte er es auch ein wenig leichter als Kollege Brück. Patsche durfte nämlich zum Elfmeter antreten, den er wie gewohnt mit Gefühl reinchippte. Ob jetzt noch mal ein Torwart in der Regionalliga darauf reinfällt? Die Führung war auf jeden Fall verdient. Wer hätte das vor Anpfiff gedacht?
Doch so langsam schaffte es Meppen ins Spiel. Nach 35 Minuten zeigte sich binnen Minuten in zwei Situationen die Cleverness der Gastgeber, und schon stand es 2:1 für die Emsländer. Kurz zuvor hatte Holt noch einen Elfmeter, verursacht per Handspiel von Schulz, neben den Kasten gesetzt. Fazit zur Halbzeit: Vicky ging verdient in Führung, Meppen kam auch durchaus verdient zurück, Unentschieden hätte dem Spielverlauf wohl eher entsprochen. So aber blieben noch 45 Minuten Zeit für den blau-gelben Underdog.
Zunächst schien auch alles für den amtierenden Hamburg-Meister zu laufen: Keine fünf Minuten waren in der zweiten Hälfte gespielt, schon verabschiedete sich der Verursacher des Victoria-Elfers in der ersten Halbzeit, Andreas Gerdes-Wurpts, nach einem rüden Foul im Mittelfeld mit Gelb-Rot. Coach Göttling reagierte, brachte mit Abou Khalil eine weitere Offensivkraft. Meppen stand jetzt tief hinten drin, Blau-Gelb mit gefühlten 90 Prozent Ballbesitz. Richtig viele Chancen wurden aber nicht herausgespielt, ein Tor wegen Abseits wohl zurecht abgepfiffen. Auf der anderen Seite konnte der SVM kontern und brachte das Runde in der 81. Minute auch zum entscheidenden 3:1 im Gehäuse von Fabian Lucassen unter. Der Drops war, wie man so schön sagt, gelutscht. Fast hätten die Hausherren auch noch eins drauf gesetzt, Lucassen konnte aber sehenswert retten. So ging das erste Spiel in der Regionalliga für den SCV verloren. Wichtigste Erkenntnis an diesem Abend: Man ist durchaus in der Lage, offensiv mit erfahrenen Regionalliga-Teams mitzuhalten. Wenn hinten nun mit etwas mehr Konsequenz geklärt wird und unnötige Ballverluste abgestellt werden, steht dem Klassenerhalt nichts mehr im Wege.
Apropos Wege: Auf dem Weg in die Kabinen kam es noch zu einem kurzen Scharmützel zwischen den beiden Teams. Was genau vorgefallen ist, ließ sich auch später nicht mehr so richtig klären, aber nachdem einer unserer Spieler auf dem Rasen lag, kam es zu einer Argentinien-Deutschland-Anno-2006-Style-Rudelbildung. Gelaufen ist keiner, kassiert hat auch keiner und auch Material ist keines verloren gegangen. Typische Fußball-Action halt: Sieht nach Mord und Totschlag aus, ist im Endeffekt aber kaum der Rede wert. Schön übrigens auch zu sehen, dass in der Regionalliga nicht alles anders ist und die Mannschaft auch nach dieser Enttäuschung geschlossen in den Block kam, um sich bedanken!
Kommen wir zum Support: Für das erste Liga-Spiel nach zwei Monaten Pause war das im Großen und Ganzen ein extrem guter Auftritt. Die Stimmen waren zwar wie erwartet schnell im Eimer, aber das wirkte sich erst in der letzten halben Stunde so richtig auf die Lautstärke aus. Vor allem in der ersten Halbzeit merkte man allen Kaoten an, dass sie schlicht und einfach eine Menge Bock auf die neue Liga und diese Mannschaft haben und die Schmerzgrenzen hinter sich ließen. Natürlich auch beflügelt vom guten Auftritt unserer Elf in der ersten halben Stunde war das schon sehr geil und nahe an der Ekstase. Auch die Enttäuschung nach der Meppener Führung sorgte nur kurz für ein Loch. Die zweite Halbzeit fiel dagegen ein klein wenig ab. Die Stimmen der meisten waren zu diesem Zeitpunkt einfach nicht mehr vorhanden, sodass versucht wurde, zumindest optisch noch ein Zeichen zu setzen. Das ist, auch nach dem 3:1, recht gut gelungen. Klatsch-, Schal-, und Materialeinsatz sind allesamt noch zu verbessern, aber dafür haben wir ja auch noch 33 Spieltage Zeit.
Eine weitere angenehme neue Sache in dieser Liga ist übrigens, dass man in mehr als nur zwei Berichten im Jahr auch auf Fans des Gegners eingehen kann. Von der aktiven Szene in Meppen, angeführt von den „Amisia Ultra' Meppen“, waren vor allem die durchgehend geschwenkten großen Fahnen zu sehen. Hin und wieder waren sie auch akustisch vernehmbar, sowie mit Klatscheinlagen sichtbar. Es ist aber immer schwierig, die andere Seite auf solch großen Entfernungen zu bewerten. Leute, die auf der Tribüne saßen, sagten uns nach dem Spiel aber, dass wir aktiver waren als die Heimseite. Das nehmen wir dann einfach mal so hin. :-)
Die Rückfahrt verzögerte sich nach dem üblichen Abbauen etc. noch ein wenig, da wir noch auf Herrn Brück und unsere Physiotherapeutin warteten, die die Reise nach Leipzig nicht mit antraten und deshalb mit uns zurück in die Hansestadt reisten. Die Fahrt war zwar ein bisschen weniger ausgelassen als der Hinweg. Das hatte aber eher mit den erschöpften Party-Tieren zu tun. Ansonsten wurden die knapp vier Stunden damit verbracht, über das Spiel, den Support, Gott und Chelene Chirsch (Insider in Berichten sind eine tolle Sache!) zu philosophieren. Gegen ein Uhr waren wir auch wieder an der Hoheluft, wo sich die Wege nach einem langen Tag trennten.
Den gesamten August überbleiben wir im Übrigen auch an der Hoheluft. Einzige Ausnahme, neben den Pokal-Spielen, ist am Sonntag das Jubiläumsspiel gegen Lok in Leipzig. Für die Daheimgebliebenen Interessierten gibt es unter http://www.lok-leipzig.com/de/multimedia/lokruf/ ein Internet-Radio, das das Spiel ab 15 Uhr, unterstützt von einem Victoria-Experten, übertragen wird.
Nächsten Freitag geht es im Abstiegskampf gleich weiter gegen Oberneuland, acht Tage später kommt dann der SC Freiburg im DFB-Pokal nach Hamburg.
An die Hoheluft kommen, Victoria unterstützen!