Den
SC Freiburg als Erstrundengegner im DFB-Pokal zu haben, stellte sich
relativ schnell als Fluch und Segen zugleich heraus. Fluch, weil so
der ganz große Geldregen ausblieb. Segen, weil man gegen den
durchaus sympathischen Verein aus dem Süden der Republik, der
traditionell auf seine gute Nachwuchsarbeit setzt, halbwegs entspannt
im eigenen Stadion spielen konnte und nicht wieder ins Viertel oder
gar in den Volkspark auswandern musste. Gerade dieser Aspekt überwog
nach und nach bei der Bewertung des Loses, auch wenn beim einen oder
anderen zunächst Enttäuschung ob des verpassten Blockbuster-Spiels
à la Bayern oder Dortmund da war. In den Tagen vor der Begegnung
setzte sich aber immer mehr die Vorfreude durch. Schon im Vorverkauf
mehr Karten abgesetzt als vor zwei Jahren gegen Oberhausen insgesamt,
dazu einer der heißesten Tage des Jahres im Wetterbericht. Es
versprach, ein Fußballfest zu werden.
Bevor
dieses aber letztlich auch steigen konnte, musste noch so manche
Hürde übersprungen werden. Wie wir alle wissen, agieren wir hier
beim SCV in einem familiären Amateurverein. Das ist meistens eine
sehr sehr gute und wichtige Sache, die wir uns unbedingt bewahren
sollten. Das wird aber dann problematisch, wenn schnelles und vor
allem kompetent durchdachtes Entscheiden nötig wird. Dass es hier
(noch?) an manchen Stellen ganz gewaltig hapert, zeigten die Stunden
direkt vor Anpfiff des Spiels. Das Theater, das hier veranstaltet
wurde, wie sich heraus stellen sollte natürlich ohne jegliche
Grundlage, hat vielen die Freude zunächst einmal gründlich
vermiest. Da steht man seit früh morgens unter Strom, macht und tut,
und hat mit Arschaufreißen noch gar nicht so richtig angefangen, und
manche Leute tun so, als ob wir das erste mal im Stadion sind. Hier
gilt es sehr schnell einen vernünftigen Weg zu finden, sonst stehen
wir sehr schnell vor sehr verhärteten Fronten!
Neben
diesen überflüssigen Nebenkriegsschauplätzen galt es auch noch das
normale Arbeitspensum zu erledigen: Fahnen aufbauen (dieses Mal ohne
Probleme, das heilige DFB-Grün durfte sogar angetastet werden),
Flyer verkaufen etc. pp. Das alles unter sengender Hitze, was gibt es
Geileres?!?!? Die 120 Flyer waren ca. eine halbe Stunde vor Anpfiff
ausverkauft, das hat man auch nicht alle Tage. Auch der Container
brummte (aber keine Sorge: Ist noch ganz viel da, einfach mal
reinschauen) und das Stadion füllte sich immer mehr. Zu den
offiziellen 4375 Zuschauern dürften noch relativ viele
Nicht-Zahlende gekommen sein, so richtig viele Lücken gab es
jedenfalls nicht. Und auch der neu geschaffene Gästeeingang wurde
fleißig genutzt und der Gästeblock sah gut gefüllt aus. Eben
dieser neueste Teil unseres Stadions löste regelrechte
Begeisterungsstürme in unseren Reihen aus. Jetzt haben wir eine
richtig geile Hütte mit allem drum und dran. Nächster Bauwunsch:
Ein Dach für Block C! :-)
Die
insgesamt wohl 5000 Zuschauer waren wahrscheinlich noch gar nicht
alle auf ihren Plätzen, da klingelte es fast schon im Kasten des
Sport-Clubs. Anders als zu erwarten gewesen wäre, allerdings auf
Seiten der Freiburger! Benny Hoose stocherte vor dem Tor herum, wurde
dabei von Torwart Baumann aber regelwidrig zu Fall gebracht.
Ergebnis: Elfmeter nach sechs Minuten Spielzeit. Viel besser kann es
für einen Underdog nicht laufen. Schnell in Führung gehen, dann
hinten rein stellen und auf Konter lauern. Guter Plan, wäre da nicht
unsere momentane Elfmeterschwäche. Roger Stilz übernahm
Verantwortung und setzte die Kugel platziert in die linke untere
Ecke. Leider aber zu platziert, denn er ging daneben. So blieb es
zunächst bei 0:0 und der Bundesligist hatte Gelegenheit immer besser
ins Spiel zu kommen. Fünf Minuten nach der Riesenchance zur Führung
setzte der gebürtige Hamburger Max Kruse die Kugel per Kopf
sehenswert unhaltbar über Christian Schau, der sich den Auftritt in
der letzten Pokal-Saison sowie in diesen 90 Minuten redlich
verdiente, hinweg ins Tor. Also doch so, wie es vorher zu befürchten
war. Der Gedanke, dass man sich jetzt aber bitte nicht einfach
abschießen lassen möge, war noch nicht zu Ende gedacht, da stand es
auch schon 1:1. Dennis Sudbrack tankte sich auf Rechts wunderbar
durch, brachte den Ball scharf in die Mitte, wo sich Jakob Sachs
gegen den Bundesliga-Verteidiger durchsetzen konnte und vollendete.
Eine so schnelle Reaktion hätten wohl nicht besonders viele
erwartet, Wahnsinn!
Wenige
Minuten später hatte Sachs sogar noch das zweite Tor auf dem Fuß,
vergab aber aus spitzem Winkel nach langem Sprint, schade! Auch
Freiburg hatte vor der Halbzeit noch eine Chance, die der sehr gut
aufgelegte Schau aber entschärfte. Halbzeitfazit: Ein zur Pause
durchaus gerechtes Unentschieden, es war noch alles offen.
Die
15 Minuten nutzte der neue Sponsor für ein kleines Spielchen. Wenn
das bei so besonderen Spielen gemacht wird, ist das auch eine ganz
nette und harmlose Sache. Problematisch wird das Ganze nur, wenn auch
bei normalen Spielen irgendwelche Firmen-Maskottchen durch die Gegend
rennen. Da gilt es auf jeden Fall ein Auge drauf zu behalten.
Die
zweite Spielhälfte gestaltete sich sehr, sehr einseitig. Freiburg
versuchte alles, doch die blau-gelben Abwehrreihen hielten. Der
Bundesligist stellte sich zugegebenermaßen auch recht ungeschickt
und uninspiriert an. Ebenso der SCV bei den wenigen sich bietenden
Kontergelegenheiten. Zu oft wurde der Ball nach wenigen Stationen
wieder vertändelt, zu unkonzentriert die Angriffe vorgetragen. Da
musste der Viertligist wohl auch der Hitze Tribut zollen. Nach 80
Minuten aufopferungsvollem Kampf passierte es dann aber doch: Ein
Ball prallt unglücklich von Markus „The Turban“ Rabenhort ab,
Freis muss aus kürzester Distanz nur noch einschieben. Wo andere
sich vielleicht ihrem Schicksal ergeben hätten, machten unsere Jungs
aber weiter. So drängten sie den Bundesliga kurzzeitig noch mal in
die eigene Hälfte zurück, der lucky punch gelang aber nicht mehr.
Ist wahrscheinlich auch besser so: Eine Verlängerung bei diesen
Temperaturen hätte keinem gut getan. Und wer weiß, welche
Verletzungen neben der Platzwunde von Rabenhorst und der gebrochenen
Nase von Lauer noch so dazu gekommen wären?
Was
bleibt ist die Erkenntnis, dass diese Mannschaft nicht nur in der
Lage ist offensiv Akzente zu setzen, sondern auch hinten dicht machen
kann. Wenn wir in der Regionalliga hier eine gute Balance finden,
steht den ersten Punkten nichts im Wege.
Nach
den oben beschriebenen Schwierigkeiten im Vorfeld war das
Motivationsniveau im Block zu Spielbeginn sicherlich ausbaufähig.
Allerdings konnte die Spielweise der Mannschaft samt Wetter und
vollem Stadion schnell begeistern, sodass (fast) alle im Virage
Absurde Vollgas gaben. Dieser war allerdings weit weniger gefüllt
als noch vor zwei Jahren, sodass es lautstärkemäßig etwas unter
den Erwartungen blieb. Die meisten, von denen man das erwartet, haben
aber durchgepowert bis zum Erbrechen und auch ein paar von denen, bei
denen man vorher nicht unbedingt damit gerechnet hatte, wurden beim
schwungvollen Mitmachen ertappt. Das Spiel der Jungs auf dem Rasen
machte einfach nur Spaß, das übertrug sich natürlich auch auf die
Ränge. So hallte wiederholte ein SCV-Wechselgesang durchs weite
Rund, sehr geil! Insgesamt aufgrund der stellenweise etwas fehlenden
Lautstärke kein perfekter Auftritt, sehr gut war er aber alle mal.
Den
Anpfiff zur zweiten Hälfte nutzten wir, um per Spruchband darauf
aufmerksam zu machen, dass Victoria nicht nur alle paar Jahre mal im
DFB-Pokal interessant ist, sondern auch in der Regionalliga
Unterstützung braucht. Es wird heute spannend sein zu sehen, wie
viele Menschen sich eine Woche nach dem Highlight DFB-Pokal und
trotz Bundesliga-Start an die Hoheluft begeben.
Auf
Freiburger Seite hingegen nutzte man den Wiederanpfiff für eine
kleine Pyroeinlage. Gab es für den lilanen (wtf?) Rauch von uns noch
Applaus und „Pyrotechnik ist kein Verbrechen“-Soli-Gesang,
stellten wir beides ein, als plötzlich Böller flogen und eine
Rauchbombe auf dem Platz landete. Wie sich später heraus stellte,
war wohl ein Freiburger Stadionverbotler auf die grandios idiotische
Idee gekommen, Sachen von außerhalb des Stadions in selbiges zu
werfen. Böller und Pyro auf dem Platz sind schon dumm genug, das
Ganze dann ohne Rücksicht auf Verluste blind irgendwo rein zu werfen
stellt das aber noch in den Schatten. Bleibt zu hoffen, dass Freiburg
so fair ist, die Strafen komplett auf sich zu nehmen.
Ansonsten
hörte man die Gäste hin und wieder und auch Klatscheinlagen waren
zu sehen. 90 Minuten durchsupportet haben sie aber nicht, was immer
schade ist.
Insgesamt
ein sehr anstrengender Tag, und das für den ganzen Verein. Bleibt zu
hoffen, dass jetzt alle ein wenig zur Ruhe kommen und die Hektik der
letzten Wochen hinter sich gelassen wird. Auf dem Platz gilt es das
mitgenommene Selbstbewusstsein in Punkte umzuwandeln, auf den Rängen
gilt es a) mehr Leute dazu zu motivieren an die Hoheluft zu kommen
und b) noch weiter an Details im Support zu arbeiten. SC Victoria
Hamburg – Partout toujours!